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Willst du mit mir lernen?
Schau dir doch einfach mal meine Kurse an:
Wenn du dich immer wieder fragst, warum du ganz gut Deutsch lesen und verstehen kannst, aber nicht wirklich fließend sprechen, dann solltest du in den nächsten 25 Minuten gut zuhören. Ich habe mich mit Lernpsychologin Dr. Myriam Schlag getroffen und über das Thema generatives Lernen gesprochen. Kurz gesagt geht’s dabei darum, dein vorhandenes Wissen zu nutzen und daraus etwas Neues zu machen. Wie dir diese Lernstrategie hilft, flüssiger zu sprechen und welche konkreten Übungen du in diesem Bereich machen kannst, darum geht’s in dieser Folge von Deutsches Geplapper.
Flemming:
Moin alle da draußen, liebe Deutschlernerinnen, liebe Deutschlerner und moin Myriam, schön, dass du wieder da bist bei Deutsches Geplapper.
Myriam:
Hallo, vielen Dank für die erneute Einladung.
Flemming: Ja, vielen Dank, dass du da bist. Wir haben vor einer Zeit über das Lerntagebuch gesprochen, über Strukturierung oder eine gute Struktur beim Deutschlernen. War sehr spannend, mit dir darüber zu reden, weil dieses Lerntagebuch eine wirklich, ich sag mal, eine großartige Möglichkeit ist, seinen Fortschritt zu dokumentieren und auch immer so ein bisschen zu reflektieren, was man gemacht hat und vielleicht auch zu erkennen, warum man Fortschritte gemacht hat oder warum man eben keine Fortschritte gemacht hat. Das ist ja so ein bisschen die Idee dahinter. Ja, also das war auf jeden Fall spannend. Guckt da nochmal rein, Leute, hört da nochmal rein. Heute haben wir ein anderes Thema mitgebracht, beziehungsweise Myriam hat dieses Thema mitgebracht hier, und zwar generatives Lernen. Das klingt erst mal so ein bisschen kompliziert.
Myriam:
Ein bisschen sperrig.
Flemming:
Ein bisschen sperrig, kann man so sagen. Ist es aber, glaube ich, gar nicht, oder Myriam?
Myriam:
Wenn man weiß, was sich dahinter verbirgt, ist es eigentlich nichts Dramatisches. Es geht auch um Lernen beziehungsweise generative Lernstrategien. Also wir sprechen nochmal über Lernstrategien. Wir haben ja schon mal über die Selbsttests gesprochen und in die Richtung machen wir jetzt ein bisschen weiter.
Flemming:
Genau, vielleicht mal zur Einordnung: würdest du dieses Thema generatives Lernen, würdest du das als eigene Lernmethode bezeichnen oder wie können sich die Leute das vorstellen? Vielleicht ist die Begrifflichkeit gerade auch ein bisschen zu abstrakt. Haben wir da vielleicht einen anderen Begriff, den man da irgendwie verwenden könnte, um das vielleicht ein bisschen anschaulicher zu machen?
Myriam:
Ja, also es geht um Lernstrategien. Also es geht um Methoden, wie ich mir Dinge merken kann. Also das sind ja Lernstrategien, die sollen mich ja unterstützen, neues Wissen aufzunehmen. Genau, und das ist einfach eine Unterart von Lernstrategien. Es gibt ja verschiedene Arten und das ist eben eine davon, genau.
Flemming:
Okay, gut. Ja, über Lernstrategien haben wir im Podcast schon sehr viel gesprochen. Also die Leute wissen ja, was sie hier zu erwarten haben. Aber es geht ja einfach darum, auch den Blick immer wieder zu weiten und immer wieder neue Dinge kennen zu lernen und zu gucken, ob man schon auf dem richtigen Weg ist oder ob man hier noch ein paar Dinge anpassen oder verändern könnte. Und gerade bei dem Thema finde ich es sehr spannend, weil es beinhaltet schon einige Sachen, die, glaube ich, bei einigen Leuten oder bei vielen Leuten schon angekommen sind, aber vielleicht auch noch nicht vollständig. Deswegen, Myriam, lass uns da mal reingehen und jetzt wirklich gucken, was bedeutet es, generatives Lernen? Also was ist das für eine Lernstrategie? Und mal ein bisschen allgemein gesprochen, was beinhaltet es, wenn ich jetzt generativ lernen will, sage ich mal.
Myriam:
Ja, also generativ ist so ein Wort, was wir jetzt vielleicht nicht so häufig im Alltag benutzen. Aber generieren haben viele ja schon mal gehört. Also was herstellen, was erschaffen. Und das ist genau die Idee, die da irgendwie dahinter steht, dass man den Lernstoff nicht nur aufnimmt, sondern dass ich aus dem wieder etwas Neues mache, etwas Neues herstelle und mich somit aktiv mit dem auseinandersetze, mit dem Lernstoff und ihn nicht einfach nur passiv aufnehme. Ich gebe mal ein Beispiel. Ich lese einen Text in der Fremdsprache zum Beispiel. Ich möchte Deutsch lernen, lese einen deutschen Text und den kann ich einmal lesen, den kann ich auch mehrmals lesen. Und wenn ich den immer wieder durchlese, ist das erst mal noch nichts Aktives. Ich habe dann vielleicht das Gefühl, ach ja, ich habe das ganz gut verstanden, es war alles logisch, wunderbar. Aber da sind wir eben noch nicht beim generativen Lernen, weil wir haben mit diesem Lernmaterial noch nichts Eigenes geformt. Wann würde ich was Eigenes damit machen? Wenn ich zum Beispiel dazu, je nachdem, was sich zum Text anbietet, eine Abbildung mache, eine Mindmap, wenn ich dazu eine Zusammenfassung auch schreibe oder den Inhalt in eigenen Worten wiedergebe, also wenn ich wirklich nachdenken muss, was ist da passiert, und da richtig aktiv mit umgehe. Da geht es ein bisschen Richtung Konstruktivismus in der Psychologie. Also wirklich da selber was herstellen, auch mit dem Lernen, weil das fördert das Lernen und das tiefere Verständnis ungemein. Also das ist sehr hilfreich. Das ist eine tiefe Lernstrategie. Und das heißt aber gleichzeitig, dass ich ein bisschen Grundlagenwissen brauche, um das anzuwenden und auch ein bisschen Vorwissen. Das heißt, wenn ich ganz neu bin, dann ist das vielleicht noch nicht die beste Methode, die ich da einsetzen soll. Also wenn ich gerade neu mit einer Fremdsprache beginne und erst mal die ersten drei Vokabeln lernen muss, dann kann ich noch nicht selber danach eine Zusammenfassung sprechen und erstellen. Das wird noch nichts. Aber deine Lerner sind ja meist schon ein bisschen fortgeschrittener, die könnten das, glaube ich, durchaus schon.
Flemming:
Genau. Für die ist das eigentlich ideal. Die haben alle schon Grundwissen oder mehr als Grundwissen, würde ich mal sagen, und können sozusagen, um bei deinen Worten zu bleiben, etwas erschaffen mit ihrem Wissen. Das finde ich eigentlich sehr, sehr eingängig, diesen Begriff. Etwas erschaffen oder kreativ damit tätig sein. Jetzt kam bei mir die Assoziation, einfach auch spielerisch damit umzugehen oder eine spielerische Art und Weise zu finden, um seinen Lernstoff oder das Gelernte zu nutzen. Also das würde das ja auch beinhalten, oder?
Myriam:
Ja, also das in eine neue Form bringen. Wie gesagt, wir hatten schon die Selbsttests. Also ich teste mich selbst. Das kann mit einem Quiz sein oder wie auch immer. Ich kann das anderen erklären. Ich kann mir auch selbst eine Erklärung zu Grammatikthemen etc. geben, um auch dann für mich selbst zu gucken, habe ich das wirklich richtig verstanden? Weil wenn ich es nur passiv aufnehme, kriegt man so eine Illusion von Wissen. Es ist alles logisch. Es ist alles klar, weil in dem Text steht es ja in der logischen Reihenfolge. Und man denkt auch, man hätte es verstanden, wenn ich dann aber daraus z.B. eine Abbildung erstellen soll, werden plötzlich Details wichtig, um das richtig darzustellen. Ich gebe mal ein sehr simples Beispiel: im Text steht der Satz, „der Junge mit dem Ball ging über die Wiese zum Haus“. So, das könnte ich zeichnen. Aber dann ist eben die Frage, ging er wirklich zum Haus? Ging er vom Haus weg? Ging er ums Haus herum? Also hatte der den Ball in der Hand? War das eine Wiese oder war es doch nur ein Schotterplatz? Also all diese kleinen Details werden plötzlich wichtig, die ich sonst natürlich einfach überlesen hätte. Und es ergibt natürlich in diesem Beispiel jetzt nicht so viel Sinn, aber prinzipiell merke ich mir dann auch eine Szenerie. Also dann habe ich eben dieses Bild, dieses innere Bild auch vor mir und sehe, wie dieser Junge mit dem Ball in der Hand über die Wiese zum Haus geht. Und habe da eine sinnhafte Einheit sozusagen, als wenn ich mir einzeln merken würde, Junge, Ball, Wiese, Haus. So, das könnte ich ja einzeln auswendig lernen, ergibt aber wenig Sinn. Und im Test oder was ich dann machen will, weiß ich dann vielleicht noch Junge, Haus und der Rest ist weg. Also wirklich, dass ich dieses Wissen, was ich mir aneigne, zu einem sinnvollen Ganzen irgendwie erschaffe. Für mich selber.
Flemming:
Das hat ja dann auch wieder sehr viel mit… also wir hatten vor einigen Wochen hier eine Podcast-Folge. Da ging es um das Thema, sich Vokabeln zu merken oder sich Informationen einfach schneller zu merken. Das hat ja auch sehr viel dann damit zu tun. Also Thema damals war einfach, diese Verbindungen zu schaffen zwischen einem Wort oder einer Wortgruppe und den Bildern im Kopf, die entstehen oder konkret auch einer Emotion, die damit zusammenhängt. Einfach dem Gehirn so ein bisschen mehr Greifbares zu geben.
Myriam:
Aber dafür muss ich eben aktiv arbeiten, weil alles, was jetzt Lerner vor mir haben, ist vielleicht die Vokabel. Und die einfach nur zu lesen oder anzustreichen, ist eben recht passiv. Aber mir dazu eine Emotion zu überlegen ohne ein Bild, da muss ich selber Energie aufwenden. Das ist anstrengend, deswegen wird es auch gern von Lernern gemieden, aber das ist der Teil, der richtig was bringt.
Flemming:
Und im Endeffekt muss man ja sagen, verständlich, dass man es meidet, weil man denkt, okay, es ist zeitaufwendig, es verbraucht Energie. Aber wenn man sich das mal logisch durchdenkt, ist es ja eigentlich so, wenn ich immer wieder diese Aktivitäten mache, die relativ passiv bleiben und bei denen ich vielleicht schneller fertig bin, aber im Endeffekt keine großen Anstrengungen, keine Mühen unternehme, dann ist das im Endeffekt sozusagen viel mehr Zeitverschwendung oder viel mehr Zeit, die ich dafür aufbringen muss, weil ich weniger Fortschritte mache, als wenn ich wirklich vom Aktiven ins Passive reingehe, Energie investiere. Vielleicht am Anfang mehr Energie investiere, aber dadurch sind meine Fortschritte eben größer. Also es ist ja eigentlich, sehe ich das richtig, Myriam? Es ist ja eigentlich in der Hinsicht ein sehr logischer Prozess.
Myriam:
Ja, aber man geht dann eben auch sehr ins Detail und man stolpert vielleicht auch eher über die Dinge, die man eben noch nicht weiß und das ist sehr unangenehm. Weil eigentlich wollte man ein Problem lösen und dann kommen die Nächsten und vorher hatte ich ja diese Illusion von Wissen und das ist wesentlich angenehmer. Ich lese sowas und ich lese es nochmal und es ist logisch und da fühle ich mich auch innerlich wohler, weil ja alles gut zusammenpasst. Und wenn ich dann feststelle, ist der jetzt wirklich mit dem über die Wiese zum Haus oder vom Haus weg, dann habe ich schon wieder so eine Frage und das gibt so ein bisschen Spannung und das ist unangenehm und ich habe ein Problem, was ich jetzt irgendwie lösen muss. Ich muss nochmal in den Text gucken und also das macht wirklich viel Aufwand und natürlich weiß ich es dann am Ende ganz genau, aber deshalb wird es oft gemieden, aber lernen ist meistens dann gut, wenn es wirklich anstrengend war, wenn ich richtig nachgedacht habe und nicht, wenn es leicht ist.
Flemming:
Ja, da haben wir wieder das berühmte Verlassen der Komfortzone.
Myriam:
Leider ja.
Flemming:
Es ist ja einfach so.
Myriam:
Aber dann ist das Wissen halt auch nachhaltiger verankert, also wenn ich mir wirklich mal die Mühe mache, Lernstoff, Vokabeln etc. zu durchdenken und damit zu arbeiten, dann werde ich nach ein paar, also wenn ich das öfter anwende, werde ich eben auch merken, dass ich damit schneller und besser fahre und besser vorankomme und es eigentlich gut eingesetzte Energie ist, weil eben nicht alles wieder nach zwei, drei Tagen oder Wochen weg ist und ich wieder von vorn anfange. Gerade bei Sprachen ist es sehr, sehr wichtig, dass meine Basis eben auch erhalten bleibt, weil man nicht einfach zum nächsten Themengebiet übergeht und man sagt, ach, das, was davor war, war egal. Nee, ich brauche ja alles.
Flemming:
Kann man es so einfach zusammenfassen, zu sagen, dass nichtgeneratives Lernen alles ist, was den Input betrifft und generatives Lernen alles ist, was den Output betrifft, also Schreiben und Sprechen vor allem? Würdest du das so unterschreiben oder wäre das zu simpel gedacht?
Myriam:
Ich weiß gerade nicht, ob ich die Frage ganz richtig verstanden habe. Kannst du sie nochmal bitte wiederholen?
Flemming:
Klar, also wenn ich jetzt, wir haben ja gesagt, das generative Lernen ist das, was ich mache, wenn ich etwas erschaffe, wenn ich die Sprache nutze und wirklich das vorhandene Wissen einsetze, um daraus etwas Neues zu machen sozusagen.
Myriam:
Ich werde aktiv.
Flemming:
Genau, ich werde aktiv. Input betrifft im Sprachenlernen ja das, was ich relativ passiv machen kann. Ich kann mir einen Podcast anhören, ich kann mir einen Text durchlesen, ich kann mir einen Film angucken. Ich kann mich berieseln lassen sozusagen.
Myriam:
Sich berieseln lassen.
Flemming:
Hat auch alles seine Berechtigung, dazu kommen wir vielleicht noch, aber das wären so diese Input-Sachen und das hat ja nicht viel mit generativem Lernen zu tun.
Myriam:
Nein, nein, also das hat es nicht, ja.
Flemming:
Deswegen wäre jetzt so meine Schlussfolgerung daraus, der Output ist das, was du sagst oder was du schreibst. Das sind so diese Output-Dinge, die kann man ja wieder in verschiedene Übungen und Techniken unterteilen. So wie ich es jetzt verstehe, ist dieses generative Lernen genau das, dass du nicht nur den Podcast hörst, sondern dass du dann auch diese Podcast-Episode mit eigenen Worten zusammenfasst und das wichtigste Vokabular nochmal wiederholst.
Myriam:
Oder mir Fragen dazu stelle oder genau. Ja. Ein Mindmap dazu zeichnen, also das kann wirklich vieles Verschiedenes sein, ja. Das heißt aber nicht, dass Lernen nur so funktioniert. Ich kann eben auch, wenn ich keine tiefergehende Lernstrategie anwenden kann, weil ich vielleicht Anfänger bin, kann ich natürlich auch auf anderen Wegen lernen. Aber vielleicht sind die anstrengender wirklich, die ersten Vokabeln immer wieder zu wiederholen. Natürlich geht das auch so, aber man muss sehr gut gucken bei allen Lernstrategien, wie passen die zum Lerninhalt. Und gerade wenn ich fortgeschrittener Sprachenlerner bin, kann ich sowas Generatives gut nutzen und das bringt mich vermutlich schneller voran, als wenn ich da die Anfängerstrategien benutze, mit ich wiederhole meine fünf Vokabeln täglich.
Flemming.
Ja. Okay.
Myriam:
Das heißt nicht, dass es nicht eine blöde Vokabel gibt, die ich trotzdem noch immer wiederholen muss, weil mir die einfach nicht hängen bleibt, aber vielleicht sollte ich dann eben auch mal überlegen, wie kann ich mit der Vokabel arbeiten, damit sie wirklich nochmal anders in mein Leben tritt.
Flemming:
Ja. Okay, dann lass uns da auch nochmal ein bisschen konkreter werden, wie kann sowas im Bereich Sprachenlernen aussehen? Also ich habe jetzt gerade schon gesagt, beziehungsweise du ja vorhin auch schon, ich konsumiere einen Inhalt, Text, Podcast, wie auch immer, und fasse den Inhalt in eigenen Worten zusammen. Was hätten wir noch, um mit der Sprache oder mit dem Wissen, das ich habe, wirklich aktiv zu arbeiten?
Myriam:
Also ich kann mir Fragen dazu stellen, vielleicht höre ich auch nur erstmal den Teaser, die Einleitung und stelle dann mal Fragen zu diesem Thema, überlege mir, wie könnte es weitergehen. Oder wenn ich mir ein Interview mit einem Experten anhöre, welche Fragen hätte ich jetzt noch dazu, kann ich das entsprechend formulieren? Ich kann auch jemanden anderen einfach von diesem Podcast erzählen, das wäre natürlich auch eine Zusammenfassung, aber eben ein bisschen anders, weil ich das dann wirklich berichte und dann auch nochmal die Person vielleicht verändern muss, also er hat gesagt und so weiter, das ist ja beim Sprachenlernen manchmal auch ganz hilfreich mit der wörtlichen Rede. Ja, ich kann mir auch eine Mindmap zu dem Thema zeichnen, wenn ich denke, okay, das war inhaltlich für mich jetzt auch sehr interessant oder ich kann kleine Doodles dazu zeichnen, gerade wenn es um technische oder naturwissenschaftliche Prozesse geht, kann ich die natürlich auch gut visualisieren, je nachdem, was der Inhalt eben ist, da muss man ein bisschen gucken, dass das passt. Aber ich glaube, dass prinzipiell im Sprachunterricht da auch schon viel gemacht wird, weil das ja oft darum geht, dass man selber einen Satz formuliert, dass man selber diese Worte anwendet. Also ich würde sagen, auch in der Schule ist der Sprachunterricht der Unterricht, wo auch schon viel generative Sachen auch passieren.
Flemming:
Ja, ich hätte jetzt gar nicht, also Schule hätte ich jetzt gar nicht so als erstes Beispiel genommen, aber ich glaube, es gibt wirklich mittlerweile viele Kurse, Sprachkurse, wo genau das passiert, weil das ja im Endeffekt das Ziel ist. Aber generell glaube ich auch, dass die Entwicklung da richtig läuft oder dass es immer mehr auch das Bewusstsein geschärft wird, dadurch, dass die Leute eben darüber reden, das Bewusstsein dafür geschärft wird, dass man wirklich aktiv sein muss, die Komfortzone verlassen muss.
Myriam:
Sieht man auch auf Social Media, da gibt es ja auch viele Einser-Schüler und Studenten, die dann eben zeigen, wie sie lernen und wie sie das machen. Und da geht es auch ganz viel eben um diese aktiven Strategien, die eben so viel mehr bringen als passiv, sehr fleißig passiv alles nochmal abzuschreiben oder was Lerner dann machen. Wenn man eigenes Skript oder ewig Texte unterstreichen, also unterstreichen ist nicht schlecht, das kann Anfang sein, aber es ist nicht das Ende des Lernprozesses. Es ist ein Zwischenschritt sozusagen.
Flemming:
Was wäre in dem konkreten Beispiel, was könnte man dann noch machen? Ich lese mir den Text durch, unterstreiche alle Konjunktive oder sowas und dann?
Myriam:
Ja, dann überlege ich mal, welche ich davon kenne, welche ich vielleicht noch nicht kenne. Gibt es verschiedene Kategorien von Konjunktiven? Kann ich die auch organisieren nochmal in Gruppen vielleicht? Gibt es da irgendwelche Zusammenhänge, wie die vielleicht auch gebildet werden? Oder ich kann mir halt andere grammatikalische Form dazu überlegen. Also da kann ich ja viel weiter denken, mir meine eigene Sprachübung dazu machen.
Flemming:
Ja, genau.
Myriam:
Also einfach nur, dass sie gelb angestrichen sind, davon hat man erstmal nichts. Es ist erstmal schön, dass man sie erkannt hat, gut, das ist ein erster Schritt, aber das ist ja eher so ein Basic-Schritt, würde ich mal sagen, für Anfänger. Erkenne die Wortformen, ja prima, jetzt hast du sie erkannt. Aber was haben wir jetzt davon, dass wir sie gefunden haben?
Flemming:
Genau, ich glaube, das ist ja natürlich auch dann wieder eine häufige Methode von Prüfern, die einfach wissen wollen, ist der Stoff da oder ist das Wissen vorhanden bei den Lernenden? Einfach zu gucken, kann der das, weiß der, wovon hier gesprochen wird? Aber ja, das ist ja immer der große Unterschied. Das eine ist die Prüfung, für die ich lerne und für die ich mein Wissen unter Beweis stellen muss. Das andere ist das, was ich im Alltag leisten kann oder der Output, den ich kreieren kann. Und das ist ja zu 99 Prozent das, was die Leute wollen. Und ich glaube, da muss man natürlich immer aufpassen, dass man, oder aufpassen ist das falsche Wort, da muss man immer für sich selbst einschätzen, in welchem Bereich will ich mich jetzt verbessern? Wenn wir jetzt über das Thema Wortschatzerweiterung reden, das wäre für mich jetzt so das erste Feld, der erste Bereich, in dem so generatives Lernen am einfachsten angewendet werden kann, weil ich Vokabeln habe, neue Wörter lerne, die ich in einem Text lese, die ich mir unterstreiche und mit denen ich dann wirklich aktiv arbeiten kann. Ich kann mir Sätze aufschreiben, Beispielsätze mit diesen Wörtern, ich kann, ja, auch wieder da ein bisschen diese Testing-Methode anwenden, über die wir ja schon mal gesprochen haben. Ich kann wirklich aktiv dafür sorgen, sie im Alltag zu benutzen. Da gibt es ja verschiedene Möglichkeiten, über Anki, die App oder über, ja, auch Notizbücher, in die ich mir das einschreibe, wo ich dann auch mir zu dem Vokabular immer wieder Fragen stelle beziehungsweise zu dem Text, den ich gelesen habe, um auch da wieder darüber zu sprechen, den Inhalt zusammenzufassen. Genau, aber da muss man natürlich wissen, was die eigene Priorität ist, wo sie liegt und welche Dinge man dort aktiv wirklich voranbringen kann.
Myriam:
Aber ich glaube trotzdem, dass im Sprachunterricht schon sehr viel gemacht wird, weil es eben auch darum geht, das Wissen, was man da erwirbt, auch wirklich anzuwenden, einen Transfer zu schaffen, eben eigene, das ist ja ein Ziel, eigene Sätze zu erstellen und vielleicht in Naturwissenschaften das eher so ein bisschen ist, dass es reicht, wenn ich was auswendig gelernt habe in der Schule und es eben nicht immer bei jedem Lerner oder jeder Stufe schon darum geht, dass ich das wirklich dann auch selber mal umsetze und anwende, das Wissen. Das ist halt da vielleicht ein bisschen schwieriger, deswegen habe ich die Sprachen da schon mal so herausgestellt und den Sprachunterricht, weil das ist ja wirklich ein Ziel, dass ich eigene Sätze machen und erstellen kann.
Flemming:
Ja, stimmt.
Myriam:
Selber was generieren kann.
Flemming:
Ja, stimmt. Ich glaube, ich stelle es mir jetzt auch schwieriger vor im Chemieunterricht, Chemie geht vielleicht sogar noch, aber einfach, wie du sagst, im naturwissenschaftlichen Bereich, wo dann einige Themen vielleicht doch ein bisschen trockener sind, wie soll ich da wirklich anwendungsorientiert oder aktiv arbeiten? Da ist die Herausforderung wahrscheinlich größer als im Sprachenlernen, von daher eigentlich sind die Voraussetzungen dafür gegeben, um hier wirklich Fortschritte zu machen. Die letzte Frage, die mir dazu jetzt auf jeden Fall noch einfällt, ist: Welchen Anteil sollte denn diese Art des Lernens ausmachen? Also, weil wir haben ja schon drüber geredet, das ist anstrengend, das kann wirklich ermüdend sein und da braucht man nochmal eine Portion extra Motivation, um sich dann an seinen Lernprozess zu setzen, auch wenn es mehr Fortschritte bringt, auch wenn es effektiver ist, aber es fordert auch viel mehr und da ist die Hürde, glaube ich, größer. Also, jeden Tag generatives Lernen oder ein bisschen aufteilen?
Myriam:
Naja, ich würde sagen, das ist erstmal die Frage, wie viel Zeit investiere ich überhaupt in meinen Lernfortschritt? Und das ist auch keine Sache, die man ständig, andauernd für alles machen muss. Es ist auch okay, wenn man nur diese eine Vokabel hat und die wiederholt man und die hat man sich mit dem Post-it an den Bildschirm geklebt und man guckt einfach am Tag mehrmals drauf. Ist auch in Ordnung, auch wenn ich die jetzt noch nicht in einem Satz anwende. Die Frage ist ja dann, was möchte ich? Also, es ist auch okay, sich einfach nochmal einen Film anzugucken in der Fremdsprache, ohne da groß jetzt irgendwie was anderes zu machen. Auch das wird sicher weiterhelfen, aber eben nicht in dem Maße, wie es das andere tun würde. Es geht auch darum, bis wann schmeiße ich den Turbo an und wann nicht und ja, das geht auch nicht die ganze Zeit. Also, es ist wirklich, wenn man sagt, okay, heute habe ich viele Ressourcen, viel Power, heute will ich mal richtig ein Stück vorankommen und dann arbeite ich mal richtig intensiver auch und dann gucke ich mir eben den Artikel mal genauer an, den ich da gerade gelesen habe und an anderen Tagen überfliege ich ihn vielleicht einfach nur und bin froh, wenn ich da irgendwie den großen Zusammenhang verstanden habe und beides ist okay. Also, es geht nicht immer 100 Prozent natürlich. Und du wirst es sicherlich auch so sehen, auch die Male, wo ich eben nur den Text mal überflogen habe, kann es trotzdem sein, dass da sich was festigt und ich vorankomme. Auch diese Aktivitäten würde ich deshalb nicht vom Lernplan streichen wollen.
Flemming:
Ja, ganz genau. Super, dass du das nochmal so klar gesagt hast. Finde ich auch und da muss man sich…
Myriam:
Es ist ein „und”, kein „oder“.
Flemming:
Genau, sehr schön. Ja, also es gibt keinen Grund, sich da jetzt zusätzlich enorm zu stressen oder so. Wer sich jetzt fragt, warum mache ich keine Fortschritte mehr, der kann vielleicht mal genau den eigenen Lernprozess analysieren und wirklich gucken, wie viel, wie groß ist denn der Anteil solcher generativer Techniken und wie groß ist denn der Anteil des aktiven Lernens, wie sehr gehe ich auch in meinen Lerneinheiten aus diesem, aus meiner Komfortzone heraus?
Myriam:
Es gibt ja manchmal auch Lerner, die sagen, ich verstehe sehr viel, aber Sprache produzieren ist schwierig. Dann wäre das vielleicht genau das Richtige, weil ich eben mal ins Produzieren kommen muss.
Flemming:
Genau, ich würde mal sagen, das macht sogar 70 bis 80 Prozent der Leute aus, die diesen Podcast hören. Also um das wirklich auf den Punkt zu bringen, deswegen ist das ein guter Abschluss. Ja, analysiert das, Leute. Schaut wirklich mal, wie groß euer Anteil hier oder wie groß der Anteil des generativen Lernens bei euch selbst ist, wie sehr ihr aktiv auch reingeht in die Übungen oder in diese, in euer Wissen und wie sehr ihr versucht, es auch nach außen zu tragen oder den Output zu kreieren, aktiv zu werden. Aber es muss definitiv auch nicht jeden Tag sein. Ja, also wie Miriam richtig gesagt hat, guckt euch, wenn ihr merkt, ihr habt gerade heute mal gar keine Lust, dann guckt euch einfach mal eine Folge, ich weiß ja nicht, irgendeine deutsche Serie an. Ich gucke keine deutschen Serien, aber hört euch eine Folge deutsches Geplapper an, das ist eigentlich das Beste und, oder jeden anderen Podcast auf Deutsch, ja und dann ist es auch okay, einfach mal diese halbe Stunde sich diesem Podcast zu widmen, aber nebenbei auch nicht viel anderes zu machen, was das Gehirn jetzt unheimlich anstrengt, weil der Kontakt zur Sprache, das sage ich ja immer wieder, dieser tägliche Kontakt zur Sprache, der ist schon enorm wichtig, das Gehirn soll verstehen, dass die Sprache wichtig für euch ist. Aber es muss nicht immer die absolut anstrengendste, forderndste Tätigkeit sein, weil das kann sehr, sehr schnell zu Frustration und Stress führen. Myriam, ich denke, damit hätten wir es abgefrühstückt hier.
Myriam:
Ja, ja.
Flemming:
Sehr schön. War sehr, sehr interessant, hat mich gefreut, ich glaube, von dem Thema können auch viele Leute noch mal profitieren, noch mal ein bisschen in sich gehen. Ja, vielen Dank, Myriam.
Myriam:
Sehr gerne, ich hoffe, es hilft weiter an all den, die Lernerinnen da draußen, ja.
Flemming:
Ja, das hoffe ich auch und wenn es dazu Fragen gibt, dann, Leute, stellt sie wie immer bei YouTube, schreibt in die Kommentare, Myriam und ich sind euch da gerne zur Hilfe und werden mit euch diskutieren, beziehungsweise die Fragen auch beantworten. Und wenn ihr zu Myriam wollt, wenn ihr mehr über Myriam erfahren wollt, ich teile natürlich deine Website einfach mal in der Folgenbeschreibung.
Myriam:
Genau.
Flemming:
Ja, also schaut gerne drauf, kontaktiert auch gerne Myriam, wenn ihr daran Interesse habt, ja, da würde sie sich ganz sicher freuen.
Myriam:
Sehr gerne.
Flemming:
Gut, Myriam, vielen, vielen Dank für deine, deine schönen Erklärungen hier und deine Expertise.
Myriam:
Ich danke für die Einladung. Tschüss.
Flemming:
Mach’s gut und Leute, ansonsten bleibt dem Podcast treu, gebt mir ein Like für die Folge, erzählt euren Freunden davon, abonniert auch den YouTube-Kanal, beziehungsweise jeden Kanal, wo ihr diesen Podcast hört und dann wird alles gut. Mach’s gut, Leute, bis nächste Woche, ciao, ciao.