#113 – Minimalismus beim Deutsch lernen: Das brauchst du wirklich

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Minimalismus beim Deutsch lernen: Das brauchst du wirklich

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Was brauchst du wirklich, um Deutsch zu lernen? Welche Apps helfen dir und welche sind total überflüssig? Ist es besser, YouTube-Videos zu schauen oder nur Podcasts zu hören? Diese und andere Fragen zum Thema Sprachenlernen habe ich in dieser Folge von Deutsches Geplapper mit Maria von Deutsch mit Maria besprochen. Wenn du manchmal überfordert bist von all den Möglichkeiten und Angeboten, die es heutzutage gibt und unsicher bist, was du von all dem wirklich benötigst, um dich zu verbessern, dann bleib jetzt unbedingt dran!

Moin, liebe Deutschlernerin, moin, moin, lieber Deutschlerner und moin, Maria, schön, dass du wieder da bist.

Grüß Gott aus Bayern, hallo Flemming, schön, dass ich wieder da bin, das stimmt.

Ja, sehr, sehr schön. Ich starte ohne Umschweife, Maria, hier direkt in dieses Thema rein. Minimalismus im Sprachenlernen, so würde ich das jetzt mal zusammenfassen, darüber wollen wir heute reden. Also ich hätte da erstmal so eine ganz zentrale Einstiegsfrage. Maria, wie würdest du, wenn du jetzt dich entscheidest, eine neue Sprache zu lernen, wie würdest du damit anfangen? Was würdest du zur Hilfe nehmen, welche Dinge würdest du machen?

Okay, ich glaube, es kommt darauf an, ob ich mir eine Sprache vornehme, zu der es viel Material gibt, oder ob ich eine Sprache nehme, die relativ selten gelernt wird und deswegen gibt es die eine App und das eine Buch und deswegen bist du froh, dass es überhaupt irgendwas dazu gibt, wobei ich glaube, heutzutage sind wir überversorgt bei fast allen Sprachen. Aber ich bin jetzt zum Beispiel bei Französisch und ich habe mal wieder die Erfahrung gemacht, dass ich sehr viele Sachen gekauft habe und jetzt bin ich dabei, sie langsam über Kleinanzeigen wieder loszulassen und loszuwerden und ich habe festgestellt, dass diese Denkweise, ich brauche so viel wie möglich, um mir diese künstliche Umgebung zu schaffen, die stimmt eigentlich überhaupt nicht und dann habe ich beschlossen, das an meinem Beispiel ein bisschen zu erforschen und bin auf interessante Dinge gestoßen, die vielleicht für andere auch spannend sind, dass man eben gar nicht so viel braucht. Und der zentrale Entscheidungspunkt ist einfach, ist es etwas, was ich gerne mache, dann lohnt es sich. Also zum Beispiel Podcast hören oder irgendwas, würde ich zum Beispiel schon ab, weiß ich nicht, A1, A2 und ich würde Podcast hören und ich würde mich über einzelne Wörter freuen, die ich in der neuen Sprache verstehe. Aber zum Beispiel Bücher zu kaufen, ich habe bis jetzt für jede Sprache, die ich gelernt habe, tonnenweise Bücher gekauft, weil ich so ein Büchermensch bin. Die stehen dann alle brav im Regal und manche habe ich nie aufgemacht.

Nimm uns mal kurz mit in dieses aktuelle Beispiel, Französisch, was hast du da gekauft?

Es ist einfacher zu sagen, was ich nicht gekauft habe. Also von den sinnvollen Sachen zum Beispiel habe ich mir das Buch von Anthony Metivier gekauft über, na wie heißt es, es geht um Gedächtnistechniken und so weiter, also ich glaube Magnetic Memory heißt seine Methodik und da gibt es zu ganz verschiedenen Sprachen seine Bücher und ich habe gedacht, okay, wenn er sagt, man kann das Gedächtnis soweit trainieren, dass man sich schnell Vokabeln merken kann, dann mache ich doch gleich das. Ich habe zum Beispiel zweisprachige Bücher von DTV gekauft und ich habe diese Bücher, ich weiß nicht, ob du die kennst, diese zweisprachigen Bücher, ich habe sie für mehrere Sprachen gekauft, ich habe sie für Russisch gekauft damals, also obwohl ich Russisch kann, aber halt umgekehrt, für Leute, die Russisch können und Deutsch lernen, für Französisch, für Spanisch, ich konnte mit keinem dieser Bücher etwas wirklich anfangen, weil sie zum Teil so totale Nonsens-Geschichten enthalten und ich dachte, nein, ich möchte nicht darüber sprechen können. Genau und so bin ich Schritt für Schritt dem Minimalismus näher gekommen, also ich habe mich immer wieder gefragt, was brauche ich, wie ist meine Sprache, jetzt egal, zum Beispiel in meiner Muttersprache, so was, was brauche ich für Wortschatz? Wortschatz, darüber reden wir, glaube ich, jedes Mal, obwohl der übel, Wortschatz ist individuell, das heißt, wenn ich mit irgendeinem Buch arbeite, das den Wortschatz enthält, das ich normalerweise nicht benutzen würde, ok, mit Disziplin komme ich vielleicht durch zwei, drei Lektionen und dann verstaubt das Buch irgendwo in der Ecke, weil das einfach, es ist nicht meins.

Das, ja, das ist wie, ich habe mir irgendwie in den ersten, im ersten Jahr oder so, ich weiß gar nicht, oder vielleicht auch schon im zweiten Jahr, als ich Spanisch gelernt habe, habe ich mir Don Quijote von Miguel de Cervantes geholt und dachte, na klar, also als Spanischlerner muss man hier Spanische Literatur, den Klassiker der Spanischen Literatur auch mal lesen, ja und dann habe ich festgestellt, ok, auf Seite zwei, ich habe schon irgendwie eine halbe Stunde gebraucht und ich habe eigentlich so gut wie nichts verstanden und hier jedes dritte Wort nachgeschlagen ist.

Ja, das ist so wie Englisch lernen, um Shakespeare im Original zu lesen oder Goethe auf Deutsch. Ja, das stimmt. Ja, also, aber genau, ich finde es interessant, dass, ja, dass du das so selbst gemerkt hast und ich glaube, dieses Gefühl haben mittlerweile schon einige Sprachenlernende gehabt einfach, also ich kenne es selbst auch, man hat ja manchmal, egal ob es um das Sprachenlernen geht oder nicht, so das Gefühl, man muss jetzt einen Startpunkt finden, ja und man hat eine Entscheidung für sich getroffen und dafür braucht man irgendetwas Offizielles, ja und was würde da besser passen, als sich etwas Haptisches zu kaufen, ja, was so diesen Beginn, diesen Beginn eines neuen Weges markiert, so sage ich mal. Das klingt jetzt ein bisschen, ja, ein bisschen übertrieben vielleicht, aber im Prinzip ist es ja so, ich beschließe jetzt Französisch zu lernen, ich kaufe mir ein Grammatikbuch und dann noch einen zweisprachigen Roman und dann noch irgendwelche Hörbücher oder was weiß ich was, damit ich erst mal alles zusammen habe. Das ist wie damals, als ich zur Universität noch gegangen bin, ich musste für eine Prüfung lernen und, oder eine Hausarbeit schreiben und bin in die Bibliothek gegangen und habe mir erst mal 20 Bücher ausgeliehen und da war ich erst mal stolz und habe gedacht, okay, das reicht für den Tag, jetzt bin ich erst mal durch, so, ja und das ist die, es ist ja auch ein bisschen Augenwischerei, man hat ja noch nichts geleistet, aber man hat schon ganz, ganz viel Material zusammen, so.

Genau, also das ist diese Illusion, ich habe etwas, hier ist der Stapel, ich kann ihn sehen oder manche kaufen auch irgendwas Digitales und legen das dann in einem Ordner ab und es tut ihnen gut zu wissen, dass sie das haben. Es hat übrigens auch Auswirkungen auf meine Schule gehabt, weil ich weitgehend aufgehört habe, irgendwas Automatisiertes zu verkaufen, also irgendwelche Kurse, die die Leute selbstständig durchlaufen, weil ich gemerkt habe, die Leute bleiben irgendwo mittendrin hängen, weil das Leben dazwischen kommt, wie das so ist. Ich bekomme es nicht mit, weil es ja automatisierte Produkte sind, die keinen Support oder sowas, keinen Kontakt zu mir beinhalten und ich fand es irgendwie nicht ganz, die Leute zu betrügen, aber einfach zu wissen, dass da dieses Problem quasi mit eingebaut ist und die wenigsten schaffen das wirklich durchzukommen. Da musst du schon bei deiner 10. Sprache sein und sehr viel Disziplin haben, aber wenn du das schon weißt, also das hat mir einfach kein gutes Gefühl gegeben und jetzt biete ich inzwischen fast nur noch Sachen an, wo ich wirklich mehr oder weniger dabei bin und dann habe ich das Gefühl, ich bin da, ich bin erreichbar, ich bin ansprechbar und das tut glaube ich den Leuten gut.

Genau, sowas halte ich auch immer für sinnvoll, zum Beispiel, also das habe ich im Sprachgarten zum Beispiel auch eingearbeitet, wo ich dann mit den Leuten in den Live-Call gehe oder wo es halt eine Community gibt, wo man eben auch Rückfragen stellen kann und so weiter. Also, dass da jemand immer das Gefühl hat, so ein bisschen begleitet zu werden auf seinem Weg. Ich glaube, das ist fürs Lernen ganz wichtig, aber genau, lass uns das mal ein bisschen allgemeiner fassen, dieses Thema, was brauche ich denn überhaupt alles fürs Sprachenlernen, jetzt explizit auch fürs Deutschlernen. Wir können da ja so ein bisschen konkret mal werden. Also, ich kann ganz kurz diese Eingangsfrage, wie würdest du eine Sprache anfangen zu lernen, ich kann das kurz für mich beantworten. Ich greife da immer sehr gerne auf die Assimilbücher zurück, das ist jetzt keine Schleichwerbung oder sowas, aber ich finde, das ist einfach…

Das ist offene Werbung.

Stimmt, ist nicht mal halbwegs Schleichwerbung, es ist komplett offene Werbung. Nein, aber ich kriege da kein Geld für. Ich finde das Material einfach super. Mir gefällt es einfach, dieses Buch in der Hand zu haben, zweisprachige Texte, die sich dann im Niveau immer mehr steigern mit vielen Erklärungen dazu. Dann hat man auch die Audio-Beiträge und das ist für mich im Prinzip alles, was ich für den Start brauche. Also, ich sage mal so für die ersten Niveaus und da kann ich mich so durcharbeiten. Deswegen, in der Hinsicht bin ich glaube ich schon sehr minimalistisch. Was dann später dazu kommt, das ist eine andere Frage, aber wir haben ja heutzutage den Luxus einfach wirklich unglaublich viel Auswahl zu haben. Wenn wir das mal mit 1990 oder noch früher vergleichen. Ich mag mir gar nicht ausmalen, ich bin 1990 geboren, also ich mag mir gar nicht ausmalen, wie die Menschen da eine Sprache gelernt haben. Und heute haben wir wirklich so eine unglaublich luxuriöse Situation. Wir haben künstliche Intelligenz, darüber habe ich vor kurzem auch mit David gesprochen. Wir haben diverse Sprachlern-Apps, von denen, ich würde mal sagen, einige wenige ganz gut sind und der Großteil totaler Schrott ist, ist meine Meinung. Wir haben YouTube, wir haben Podcasts, wir haben Online-Sprachenlernen, wir haben Online-Kurse, wie du eben schon gesagt hast, das ist schon unglaublich eine große Auswahl. In diesem Podcast habe ich auch schon mal über andere Lernhilfen gesprochen, beispielsweise man braucht ein Lerntagebuch, habe ich mal empfohlen. So eine kleine zusätzliche Lernhilfe, was aber natürlich auch absolut kein Muss ist. Also man kann schnell den Überblick verlieren als Sprachenlerner, würde ich mal sagen, trotz dieser luxuriösen Situation. Man kann sehr schnell den Überblick verlieren.

Wegen der luxuriösen Situation. Also ich bringe immer das Beispiel meiner Mutter, die, ich glaube, so ab den 80ern ungefähr Deutsch gelernt hat mit den Schriften von Rudolf Steiner, also Waldorf Pädagogik, Anthroposophie und sowas. Ich verstehe bis heute nicht, wie sie da durch gekommen ist. Es sind sehr spezifische Texte und seine Sprache ist auch nicht nicht ohne. Und sie spricht heute fließend Deutsch, aber so ein bisschen altmodisch, also sie klingt ein bisschen wie ein Buch aus der damaligen Zeit. Aber gut, sie war wahnsinnig motiviert und heutzutage ist es so, wir werden dadurch abgelenkt, dass es unglaublich viel Material gibt und da muss ich wieder zu meinem zentralen Thema zurückkommen, es muss individuell passen. Also ich habe immer wieder Anfragen wie, ich habe gehört, man soll das so und so machen. Ich habe gehört, man soll Hörverstehen so üben und Schreiben soll man so üben und Wortschatz soll man so aufbauen. Und ich sage immer das gleiche. Ich komme mir so ein bisschen vor wie so ein Papagei, der immer wieder Sachen wiederholt. Man muss schauen, ob es für einen selbst passt. Das, was für dich wunderbar funktioniert, kann sein, dass wenn ich das ausprobiere, ich denke, nee, das geht für mich gar nicht. Und ich glaube, den Leuten fehlt immer noch dieser Mut zu sagen, also das passt für mich und dieses Buch hat mir gut gefallen und dieser YouTuber und den Rest lasse ich einfach unter den Tisch fallen. Weil wir warten immer noch auf irgendwelche Experten, egal um was es geht, um Sport oder Ernährung oder irgendwas. Ich kenne ganz wenige Menschen, die sagen, ich ernähre mich so und so, weil es mir gut tut oder ich mache den Sport, weil es mir gut tut. Wir suchen immer irgendwelche Gurus, auch wir. Ich meine, auch wir hier auf dem Olymp sind davon ganz stark betroffen. Was sagst du dazu?

Das ist ein guter Gedanke. Ich mache den Sport, weil es mir gut tut oder so. Ich glaube wirklich, dass wir uns immer nach jemandem richten, in den meisten Fällen nach jemandem richten, der was Bestimmtes gesagt hat. Das Thema Ernährung ist ja das beste Beispiel. Ich kann keinem übel nehmen, der irgendwann resigniert und sagt, ich habe keinen Bock mehr auf euch, macht doch alle, was ihr wollt. Ich esse jetzt einfach, was ich finde, sozusagen. Weil diese Informationsflut einfach viel zu groß ist und niemand kann sie bewältigen. Niemand weiß, was wirklich stimmt. Ist es jetzt gut, sich vegan zu ernähren? Ist es jetzt das Allertollste und Gesündeste oder brauche ich Fleisch? Bei den paar tausend Leuten, die hier diesen Podcast hören, werden jetzt unglaublich viele verschiedene Meinungen allein zu diesem Thema entstehen. Beim Sprachenlernen ist es genau das Gleiche. Es gibt, das haben wir schon tausend Mal gesagt, nicht diese eine Methode. Aber das ist ja auch das Wichtige daran, dass man einfach so ein bisschen Erfahrung sammelt in dem Bereich. Also wer jetzt gerade das erste Mal eine Sprache lernt, der hat wahrscheinlich jetzt zehn verschiedene Bücher zu Hause und 17 verschiedene Apps, weil er denkt, er braucht das alles, weil er gar nicht mehr durchsieht in diesem Dschungel an Informationen. Aber wer das ein paar Jahre schon geübt hat, der wird sehr wohl wissen, dass Duolingo ihn ab einem bestimmten Punkt nicht weiterhilft. Und der wird wahrscheinlich auch wissen, da kommen wir gleich nochmal drauf, Maria. Aber genau, also solche Sachen, der wird wahrscheinlich schon einiges an Erfahrung gesammelt haben. Und ich finde es dann einfach wichtig, da wirklich für sich klar herauszufiltern, herausfiltern zu können, was einem in der Vergangenheit geholfen hat. Und dabei beispielsweise kann auch wieder dieses berühmte Lerntagebuch helfen, das ich vorhin schon angesprochen hatte. Das ist aber nur so ein persönlicher Tipp, das muss man nicht machen. Aber da hat man zumindest so eine Art Logbuch oder Tracking, wie auch immer. Dann kann man das zumindest mal verfolgen. Wie habe ich in der Vergangenheit gelernt und wie habe ich Fortschritte gemacht in diesem Bereich? Oder wodurch?

Also Lerntagebuch kann ich bestätigen. Das ist ein fester Bestandteil von meinem, also zumindest vom C1, C2 Übungskurs. Und wenn ich mit Leuten individuell arbeite, sie schreiben immer Lerntagebuch, aus unterschiedlichen Gründen. Aber bei mir ist es fast wie so ein Therapietagebuch, weil ich darauf achte, was die Leute schreiben. Und wenn jemand kommt, der nur auf das Negative sein Augenmerk legt und das so sagt, okay, ich kann das nicht, ich kann das nicht, ich habe hier eine Schwäche und da habe ich Schwierigkeiten, dann fange ich erst mal an, das aufzuarbeiten und sage, Moment, lass uns schauen, was du kannst. Lass uns schauen, was dir leicht fällt und lass uns schauen, was dir Spaß macht. Und ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Moment, wenn wir sagen, achte darauf, was bei dir funktioniert. Dann muss man dem auch trauen. Ich habe regelmäßig Kunden, die sagen, also ich habe hier die Bücher und die Kurse und alles gemacht und nichts hilft. Ich bin zu blöd, ich bin zu faul, ich bin zu irgendwas. Dann sage ich, Moment, lass uns vergleichen. Wenn bei mir etwas nicht funktioniert, ich werde die Schuld nicht mir geben, sondern der Methode. Dann sage ich, okay, es mag sein, dass es für jemand funktioniert, aber für mich eben nicht. Und ich glaube, das ist ein zentraler Unterschied, weil wir sind es aus der Schule gewohnt, dass es eine Methode gibt, die wird auf alle angewendet, so wie der Lehrer unterrichtet, so wird es halt unterrichtet. Und wer nicht mitkommt oder wer es nicht so schnell begreift oder so, der ist natürlich je nach Lehrer, aber wir haben alle das schon gehört, dass der Lehrer sagt, ja, du bist halt nicht der Schlauste oder du bist nicht der Beste in Mathe oder in Sprachen. Und dann werden aus diesen Schülern Erwachsene, die total unsicher sind, weil sie nicht gelernt haben zu sagen, es passt mir nicht, sondern sie merken, okay, ich passe nicht zu diesem System, wahrscheinlich stimmt mit mir etwas nicht.

Stichwort negative Glaubenssätze, darüber haben wir ja vor einem halben, dreiviertel Jahr Zusammenfolge gemacht.

Darüber kann man nicht genug reden, finde ich, man kommt immer wieder drauf.

Ja, definitiv. Das ist genau der Punkt, nicht zu sagen, okay, mit mir ist irgendwas verkehrt, sondern es kann, es wird wahrscheinlich an einer Methode liegen oder sowas. Ich glaube, das ist der erste Blick, den man da schärfen sollte, ganz richtig. Ja, genau, ich hatte eben schon Duolingo erwähnt, da würde ich, ich glaube, weil meiner Erfahrung nach ist das vor allem so eins, der, oder anders gesagt, ich kriege am häufigsten Fragen über solche Sachen, also solche Apps oder Online-Hilfsmittel oder sowas. Vielleicht können wir da nochmal kurz ein paar nennen, die unserer Meinung nach hilfreich sind, die unserer Meinung nach aber eben auch absolut unnütz sind. Duolingo hat dich da eben schon mal in den Raum geworfen meiner Meinung nach.

Hast du überhaupt keine Angst, dass die uns dann abknallen lassen?

Ich hoffe nicht. Ich hoffe nicht.

Es klopft an der Tür, warte mal.

Aber das wäre für mich so eine, ja, ich habe schon häufiger in dem Zusammenhang diesen Begriff Pseudolernen gehört. Solche Apps, die einem dann das Gefühl vermitteln, dadurch, dass man das nächste Level erreicht und so weiter, dann hat man was ganz Tolles geleistet und ist aber in Wirklichkeit keinen Schritt weiter vorangekommen. Also diese Illusion, das ist ja das, wie solche Apps eben auch vorgehen. Die Illusion vermitteln, dass man irgendwie weiterkommt, aber ja, davon zehren sie, aber in Wirklichkeit passiert nicht viel. Duolingo wäre mein Paradebeispiel. Hast du da vielleicht ein paar Sachen, die du absolut unnütz findest?

Ich finde viele Sachen unnütz, die meisten wahrscheinlich. Duolingo ist aber Sprachmobbing, muss ich dazu sagen. Also diese, was für ein Tier ist das? Eule? Die einem dann ständig sagt, du hast nicht geübt, du bist Loser und so weiter. Also das grenzt an Mobbing in meiner Vorstellung. Ich glaube Babble ist eine App, die ganz ähnlich funktioniert, beziehungsweise nicht funktioniert. Ich habe zu meiner Zeit Rosetta Stone für verschiedene Sprachen ausprobiert, weil ich einfach die Idee irgendwie cool fand. Ich glaube, sie waren damals noch recht Hightech aufgestellt, sagen wir mal. Also damals, als es noch nichts Interaktives gab, kam plötzlich Rosetta Stone ohne Übersetzung. Du arbeitest nur mit der Zielsprache und ich bin da fast wahnsinnig geworden. Ich glaube bei Persisch, als sie mir versucht hatten, anhand von Bildern irgendwelche nicht materiellen Dinge zu vermitteln. Also versuch mal an einem Bild zu erkennen, ist es jetzt Freude, Glück oder sonstige Ekstase. Das war ganz deprimierend. Und vor allem Rosetta Stone ist völlig humorfrei und ich glaube die meisten Apps, das ist das, was mich immer so abtörnt, da ist kein Humor dabei, da ist nicht mal ein Augenzwinkern irgendwie mit drin, außer sinnfreie Sätze, die man natürlich lustig finden kann. Also bei Duolingo, so mein grünes Pferd raucht kubanische Zigarren. Okay, wenn du in deinem Alltag über so etwas sprichst, gut. Ich glaube das Problem dieser Apps generell ist einfach, du lernst irgendwas und die Hoffnung ist, dass dieses irgendwas irgendwann zu dir passt oder zu deinem Alltag. Und wenn Leute zu mir kommen und sagen, irgendwie ich möchte besser sprechen oder besser schreiben, ich frage immer, was genau möchtest du sprechen? Ja, alles halt. Und dann stellt sich heraus, okay, der eine ist ein, weiß ich nicht, ein Banker, der für die Arbeit Deutsch braucht oder ich hatte letztens einen Rechtsanwalt als Kunden, der gesagt hat, ja es ist eine ganz spezifische Thematik, es wäre schön, wenn ich sie auf Deutsch abdecken kann und da muss ich immer sagen, Moment, es ist ein Unterschied, ob du ein Kinderbuch auf Deutsch schreiben möchtest, ob du als Rechtsanwalt praktizieren möchtest oder sonst irgendwas. Also es gibt so viele verschiedene Varianten, was Sprache abdeckt und wenn dir das nicht bewusst ist und du lernst irgendwas und vertraust darauf, dass früher oder später irgendwann das magische Niveau kommt, wo du alles kannst, das passiert nicht. Da musst du mehr Verantwortung übernehmen und das ist das Schlüsselwort. Also du übernimmst Verantwortung über deinen Lernprozess und dann kannst du steuern, dann kannst du sagen, okay, mir fehlt noch hier Wortschatz und das möchte ich sagen und das möchte ich sagen und dann nimmst du dir ChatGPT oder sonstige Hilfsmittel oder einen Lehrer und sagst ihm, du, ich möchte das und das und das lernen.

Ja, genau und da wären wir ja schon beim nächsten Punkt. KI zum Beispiel ist heute eine Sache, die einfach unglaublich hilfreich ist und den Lernprozess da sehr unterstützen kann.

Das stimmt, wenn man weiß, was man damit tut und das ist wie bei den meisten Tools, glaube ich, die man einsetzen kann, je kraftvoller oder je kompetenter diese Tools sind, desto mehr musst du sie steuern. Ich habe schon von so vielen Leuten gehört, ja, KI funktioniert nicht. So, nein, KI kann für mich keine E-Mails schreiben oder Texte für meine Webseite, da kommt nur Schrott raus. Dann sage ich, ja, du musst dem erklären, was du brauchst. Das ist wie ein Assistent, dem du auch erklären musst, was du haben willst, sonst kann er nicht deine Gedanken lesen. Ja, genau. Ja, das erfordert natürlich ein bisschen mehr Arbeit, ein bisschen mehr Eigenverantwortung in dem Sinne auch, anders als eine App, die einen da durchführt und quasi die Arbeit für dich macht und dir das Denken überwiegend sogar noch abnimmt. Das ist in der Hinsicht bei KI sehr hilfreich. Wie gesagt, dazu habe ich auch gerade eine Folge hier gemacht. Hört da gerne nochmal rein, Leute. Das war auch sehr interessant da im Gespräch mit David, wie man KI wirklich nutzen kann, um seine Sprachen, Sprachfähigkeiten zu verbessern. Aber genau, das wäre jetzt auf der positiven Seite, würde ich mal sagen. Ich würde einfach nochmal, wenn wir jetzt bei den Apps bleiben, Anki in den Ring werfen, was mir immer sehr hilft als eine gute App, eine sinnvolle App. Wie stehst du dazu?

Ich glaube, bei mir funktionieren die digitalen Dinge schlechter als irgendwas physisches. Also ich bin, glaube ich, sehr haptisch und visuell. Das heißt, es ist für mich einfacher, ich kann dir mal ein paar Mindmaps von mir schicken, die ich für meine Schüler gemacht habe, Schüler, Studenten, Kunden, keine Ahnung. Also ich kann mir Dinge besser merken, wenn ich sie neu aufschreibe, irgendwie verlinke, vernetze und so weiter. Deswegen das Digitale.. Ich glaube, ich kämpfe gerade sowieso sehr damit, dass ich weniger am Handy bin. Und das ist, glaube ich, das Thema Abhängigkeit von Social Media und so weiter. Und da ist einfach eine zusätzliche App, die ich nutze, die verleitet dazu, gleich mal zu gucken, bei was weiß ich, wo Facebook oder sowas Neues gibt. Und jetzt, nachdem ich Instagram und TikTok gelöscht habe, versuche ich, die anderen sehr viel bewusster zu nutzen. Deswegen, also ich bin eher so Karteikarten und was Zeichnen und Malen Typ. Aber ich verstehe es auch, wenn jemand sagt, nee, ich möchte es gerne digital haben. Ist ja vollkommen legitim. Ich finde zum Beispiel Linq nicht schlecht, die App von Steve Kaufmann. Unter anderem, weil er selbst Polyglotte ist und er hat eine App gemacht. Ich finde es lustig, wie er immer sagt, ich habe eine App machen lassen, wie ich sie haben wollte als Sprachlernender. Und das ist doch eigentlich ein Qualitätsmerkmal. Also er kennt die Probleme, er weiß, wie er es haben wollte. Also wieso nicht?

Genau, aber ich finde, daran merkt man jetzt schon aufgrund oder anhand unserer jeweiligen Präferenzen, wie vielschichtig dieses Thema natürlich auch ist. Also wir sind jetzt nicht hier, um zu sagen, mach das oder mach das. Wir sind jetzt hier nur, wir machen diese Folge, glaube ich, um so ein bisschen den Blick oder das Bewusstsein zu schärfen bezüglich der Dinge, die man wirklich braucht. Und vielleicht können wir es mal so ein bisschen runterbrechen oder auf den Punkt bringen. Im Endeffekt ist es nicht viel, was man braucht. Im Endeffekt, das hast du eingangs schon sehr, sehr passend gesagt, sollte es etwas sein, mit dem man sich wohlfühlt. Es sollte etwas sein, wo auch das Interesse liegt. Niemandem bringt es etwas, Don Quijote auf Spanisch zu lesen, weil damit fühlt sich niemand wohl. Und ja, es sollte natürlich dem Niveau entsprechen, auch das ist klar. Aber man muss eben aufpassen, dass man nicht in diese Pseudolern-Fallen tappt. Und dafür sind Apps eben sehr, sehr prädestiniert. Das muss man leider sagen. Aber ob man jetzt der Typ für digitale Lerninhalte ist, Stichwort Anki, oder ob man sich das lieber auf Karteikarten oder in Notizbücher schreibt, ich denke, das bleibt dann einfach eben selbst überlassen. Wichtig ist, dass man sich da vielleicht wirklich so ein bisschen so einen kleinen roten Faden schafft, meiner Meinung nach. Also was will ich eigentlich verbessern? Wir haben die Bereiche Hörverstehen, wir haben das Thema Wortschatzerweiterung, wir haben das Thema Sprechen, Aussprache, Schreiben, meine Grammatikkenntnisse, die sind natürlich auch irgendwie entscheidend, dass ich mich in den einzelnen Bereichen weiterentwickeln kann. Aber ich glaube, diese Frage muss erstmal grundsätzlich da sein. Und dementsprechend kann ich auswählen, was ich jetzt brauche. Und dementsprechend weiß ich auch, brauche ich jetzt 10 verschiedene Bücher und 17 verschiedene Apps? Oder reicht es aus, wenn ich nur die Aussprache verbessern will, dass ich mir ein entsprechendes Tool kaufe? Oder nicht mal kaufe. Man muss es ja nicht mal kaufen. Es gibt ja einfach online alles, was das Herz begehrt. Und wenn man noch ein bisschen sucht, dann findet man, glaube ich, auch alles, oder?

Auf jeden Fall. Ich glaube, das Wichtigste ist, dass man keiner Werbeanzeige traut, die verspricht, dass du in 30 Tagen fließend sprechen wirst. Also von A0 bis D3. Das ist das Wichtigste. Das ist das Problem. Wir haben jetzt einfach so viele Angebote und es gibt so viele Möchtegern-Experten und ich weiß auch nicht, wie man sich inzwischen von ihnen abgrenzen kann. Weil YouTube zum Beispiel ist eine Plattform, wo jeder einen Kanal machen kann und erzählen kann. Und ich bekomme da immer wieder mit, dass Leute, die vorgestern ihre Prüfung abgelegt haben, B2, die machen sich sofort einen Kanal auf und erzählen, wie man Sprache lernt. Da habe ich, muss ich sagen, ein bisschen Probleme damit. Also ich habe keine Angst vor Konkurrenz, wenn das denn vernünftige Konkurrenz ist. Aber ich habe ein Problem damit, wenn jemand, der weder Erfahrung außer der eigenen noch irgendwelche Kenntnisse hat, vielleicht erfolgreicher verkauft als ich. Ich glaube, das tut dann besonders weh, wenn dann irgendwas, was die Leute nicht wirklich weiterbringt, einfach schöner verpackt ist und attraktive Versprechen enthält. Und dann kaufen das die Leute eher. Also ich habe gerne diese Vorstellung von konzentrischen Kreisen in der Geometrie, die um einen Punkt herum sind. Kann sein, ja. Also ich war grottig in Geometrie.

Ich auch.

Du kannst es ja später einblenden, wenn sie anders heißen.

Kann ich machen.

Genau, also es sind einfach Kreise, die um einen Punkt gemacht werden. So wenn du einen Zirkel in einen Punkt setzt und dann Kreise mit unterschiedlichem Durchmesser ziehst. Und so stelle ich mir Lernen vor, es muss alles mit dir im Zentrum passieren.

 

Gleich weiterschauen?

 


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