#115 – 5 deutsche Romane für besseren Wortschatz

Liest du gerne Bücher? Ich hoffe schon, denn Lesen ist wirklich einer der angenehmsten und
gleichzeitig effektivsten Wege, um eine neue Sprache zu lernen. Vor allem das Lesen von Romanen.
Denn Romane enthalten Geschichten. Und vielleicht hast du ja schon mal gehört, dass Geschichten
wesentlich länger und besser in unserem Kopf bleiben als zusammenhangslose Und nicht nur die
Geschichten bleiben in unserem Kopf, sondern mit ihnen auch die Sprache, also grammatikalische
Strukturen und neue Wörter. Ganz besonders, wenn dich ein Thema wirklich interessiert. Und
irgendeinen interessanten Roman findet man immer. Wenn du also wirklich sprechen möchtest wie
die Deutschen, wenn du verstehen möchtest, was die Deutschen sagen und wenn du deinen
Wortschatz auf das nächste Level heben möchtest, dann empfehle ich dir, deutsche Bücher, deutsche
Romane zu lesen. Und genau aus diesem Grund habe ich dir heute fünf deutsche Romane
mitgebracht, die ich dir ganz kurz vorstellen werde. Ich habe alle fünf Romane gelesen und es sind
Romane mit sehr unterschiedlichen Inhalten, mit sehr unterschiedlichen Geschichten. Und auch die
Sprache in diesen Büchern ist sehr verschieden. Ich werde dir zu jedem Roman einen kurzen
Ausschnitt vorlesen, dir ein bisschen erklären, worum es geht und für dich auch ein bisschen die
Sprache analysieren. Und im Idealfall wirst du nach dieser Podcast-Episode mindestens einen
Roman haben, den du selbst gerne lesen möchtest. Bevor es losgeht, noch ein kleiner Hinweis.
Wenn du ab sofort Teil von Deutsches Geplapper werden möchtest, dann kannst du mir ab jetzt
einfach deine Sprachnachrichten schicken. Ich werde ab jetzt regelmäßig Sprachnachrichten von
Hörerinnen und Hörern hier in meinem Podcast vorspielen und versuchen, sie so gut wie möglich
zu beantworten. Du kannst mir also deine Fragen zum Deutschlernen stellen. Du kannst bestimmte
Themen besprechen, die dich gerade beschäftigen. Du kannst über Dinge reden, die mit
Deutschland oder den Menschen in diesem Land zu tun haben. Ich werde versuchen, so gut wie
möglich darauf einzugehen. Schick mir also gerne deine Sprachnachricht, wenn du das möchtest.
Den Link für die Aufnahme findest du in der Beschreibung dieser Podcast-Episode.
Ja, moin liebe Deutschlernerin, moin lieber Deutschlerner. Schön, dass du wieder eingeschaltet hast
und dabei bist bei einer neuen Folge von Deutsches Geplapper. Dein Lieblingspodcast zum Thema
deutsche Sprache, hoffe ich jedenfalls. Ich rede heute ein bisschen über Bücher und die deutsche
Literatur. Bevor wir aber damit starten, möchte ich mich noch ganz kurz bei meinen Unterstützern
bedanken. Ich habe nämlich seit kurzem einen neuen Mitgliederbereich, eine Patreon-Seite,
vielleicht hast du davon schon mal gehört. Und dort kann man meine Arbeit und mich unterstützen,
und im Gegenzug von Vorteilen profitieren, die sich auf meine beiden Podcasts beziehen. Also, du
kannst exklusive Podcast-Episoden bekommen, du kannst Übungen zum Deutsch lernen
bekommen, du kannst bei exklusiven Livestreams dabei sein, du bekommst die Transkripte zu jeder
Podcast-Folge oder auch Verständnistests und Wortschatzerklärungen zu jeder Episode. Wenn du
von diesen Vorteilen profitieren möchtest und mich bei meiner Arbeit unterstützen möchtest, dann
kannst du das ganz einfach über den Link in der Beschreibung dieser Episode machen. Und ich
bedanke mich ganz herzlich bei meinen neuen Patreons, bei meinen neuen Unterstützern. Und das
sind für die monatliche Unterstützung Mertcan und Scott, vielen Dank an euch beide. Und ich habe
auch ein paar Leute, die mich mit einem Jahresbeitrag unterstützen. Und das sind Martin John,
Konstantin, Mia, Greg, Barry, Walther, Svitlana, Ole und Sean. Vielen Dank an euch alle. Und ja,
wie gesagt, wenn du auch Unterstützer werden möchtest, dann schau unter den Link unter dieser
Podcast-Episode. Ich würde sagen, fangen wir an mit dem ersten Roman, den ich hier vorstellen
möchte. Ganz kurz zur Erwähnung. Ich gehe von leicht nach schwer. Das heißt, am Anfang wird die
Sprache des Buchs noch ein bisschen einfacher zu verstehen sein. Das heißt, wenn du dich noch so
zwischen B1 und B2 befindest, wären die ersten beiden Bücher wahrscheinlich ideal für dich. Wenn
du aber schon ein sehr hohes Niveau hast, so auf C1-Niveau, dann würde ich dir empfehlen, schau
dir vielleicht Buch 3, 4 oder 5 an. Ja, das hängt ein bisschen davon ab, wie gut du wirklich
geschriebenes Deutsch schon verstehen kannst, wie gut dein passiver Wortschatz schon ist.
Los geht’s mit dem ersten Roman. Man vergisst nicht, wie man schwimmt, von Christian Huber.
Sehr schönes Buch. Das war sozusagen das Buch des Sommers für mich. Ja, also ich lese sehr, sehr
viel. Ich bin eine echte Leseratte, muss ich sagen. Und für mich war das so dieser Roman des
Sommers. Nee, nicht des Sommers, also Frühsommer, Spätfrühling. Ja, so kann ich das sagen. Es
geht in diesem Buch, man vergisst nicht, wie man schwimmt, um den 15-jährigen Pascal. Pascal
wohnt in Bayern und wir befinden uns im Jahr 1999. Also ein kleiner Sprung in die Vergangenheit.
Ja, und was passiert in diesem Buch? Pascal ist ein klassischer Außenseiter. Er hat nicht besonders
viele Freunde. Um genau zu sein, hat er eigentlich nur einen wirklich guten Freund und er ist nicht
sonderlich beliebt in seiner Schule. Ja, und er plagt sich mit den typischen Problemen, die
Jugendliche haben. Ja, also Frauen beziehungsweise Mädchen, erste Erfahrung mit Alkohol und
Drogen. Ja, und natürlich auch das eigene Aussehen und wie man selbst bei anderen wirkt und
rüberkommt. Ja, und in diesem Roman geht es um eine Party. Eine Party, zu der dieser Pascal und
sein bester Freund nicht eingeladen sind, auf die sie aber unbedingt gehen wollen, damit sie auch
dazugehören, damit sie auch zu den coolen Leuten gehören. Ja, und sie überlegen sich dabei einen
Plan und lernen dabei ein anderes 15-jähriges Mädchen kennen und zu dritt versuchen diese drei auf
diese Party zu gelangen und erleben dabei allerlei witzige, aber auch so ein bisschen schräge, so ein
bisschen katastrophale Geschichten. So kann man das zusammenfassen. Wenn du jetzt denkst, das
klingt nach einem Jugendroman, nein, absolut nicht. Das ist ein Roman, der sich an Erwachsene
richtet und ich muss sagen, es war für mich sehr, sehr überraschend, dass ich diesem Genre so viel
abgewinnen konnte. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, dieses Buch zu lesen. Die ganze Handlung
findet übrigens an einem einzigen Tag statt. Ich lese mal einen kleinen Ausschnitt vor, damit du so
einen Eindruck von der Sprache bekommst.
Mein Oberkörper spiegelte sich in der Glasscheibe des offenstehenden Fensters. Ich drehte mich
schnell weg und zog den Vorhang zu. Staub wirbelte im Licht wie ein Krillschwarm, ich in der Mitte
wie ein Wal. Wie in der Natur-Doku gestern. Ozeane, krasse Bilder. Wobei, nach einem halben Joint
musste ich zugeben, alles in meinem Röhrenfernseher krasse Bilder waren. Ein Auge zugekniffen,
das andere einen schmalen Spalt geöffnet. Suchte ich den Weg zurück unter meine dünne Decke.
So, hier bekommt man schon einen kleinen Eindruck davon, wie diese Sprache hier funktioniert. Es
ist in der Ich-Perspektive geschrieben, das heißt, die Sprache aus der Sicht eines 15-Jährigen. Also
noch eine sehr junge Sprache, sehr viel Umgangssprache, wenn das für dich auch ein Argument ist.
Wenn du mehr Umgangssprache lernen möchtest, dann kann ich dir dieses Buch auf jeden Fall
empfehlen. Ja, und es ist trotzdem noch alles relativ einfach gehalten. Relativ kurze Sätze und ich
denke, damit wirst du dich nicht überfordern. Es ist auch sehr kurzweilig geschrieben, also es ist
nicht zu komplex und trotzdem wirklich gut. Mir gefällt der Stil des Autors auf jeden Fall, weil er es
wirklich schafft, den Leser in die Situation hineinzuholen. Das wäre meine erste Empfehlung für
dich. Man vergisst nicht, wie man schwimmt, von Christian Huber. Zweites Buch, einer meiner
Klassiker, eins meiner Lieblingsbücher, Borderlines von Andreas Brendt. Andreas Brendt, da
klingelt es vielleicht bei dir, der war vor ungefähr zwei Jahren auch hier im Podcast bei Deutsches
Geplapper. Und Andreas ist, ich sage mal, einer der ersten deutschen Surfpioniere. Der ist in den
Neunzigern gestartet und ist nach Bali und Australien geflogen, um dort surfen zu lernen und hat
dabei ziemlich verrückte Geschichten erlebt oder seitdem erlebt er immer wieder verrückte
Geschichten auf der Suche nach der besten, perfekten Welle. Er ist an unglaublichen Orten
unterwegs, er lernt dabei sehr, sehr viele spannende, interessante Menschen kennen und erlebt
natürlich selbst auch unglaublich krasse Geschichten, sowohl zum Positiven als auch zum
Negativen. Also es gab einige Situationen, in der er sehr oft ziemlich in Gefahr war, so kann ich es
mal sagen. Ja, und es macht einfach Spaß, seine Geschichten zu verfolgen. Wenn man so ein
bisschen auf Reiseliteratur, auf Abenteuergeschichten steht, dann sind seine Bücher auf jeden Fall
empfehlenswert. Ich lese mal einen kleinen Ausschnitt vor. Du wirst gleich merken, wie die Sprache
hier in diesem Buch funktioniert.
Wie aus dem Nichts türmt sich ein Monster auf und rast auf uns zu. Geschockt und mit blankem
Entsetzen paddeln wir um unser Leben, flüchten zum rettenden Horizont und beten um Gnade.
Panik blitzt auf. Wird Gewissheit, denn nur wenige schaffen es, rudern die riesige Wasserwand
hinauf, steil nach oben und gerade noch hinüber. Der Rest wird verschlungen, wird in Stücke
gerissen. Die gigantische Welle tobt und trampelt alles nieder. Gewaltige Turbulenzen schleudern
die Überrollten umher und drücken sie in die Finsternis des Ozeans hinab. Arme Seelen, und eine
davon bin ich.
Ja, das ist ein typischer Ausschnitt aus diesem Buch. Obwohl die Sprache hier nicht allzu komplex
ist, schreibt Andreas Brendt immer wieder in so starken Bildern und Metaphern wie in diesem
Ausschnitt. Ja, also generell ist es ein Buch, das auch sehr viele kurze Sätze enthält, was das Lesen
generell einfach macht. Aber er nutzt trotzdem sehr viele Metaphern, zum Beispiel die Welle, die
hier wie ein Monster auf sie zurast. Ja, also das sind solche Beispiele, solche Bilder, die der Autor
hier versucht, im Kopf der Leser zu kreieren. Und ich finde, das macht er auf eine sehr, sehr schöne
Art und Weise. Ja, also wenn du so ein bisschen bildhafte Sprache auch lernen willst, dann ist das
ein sehr, sehr gutes Buch für dich. Ja, weil es einfach sehr viele Feinheiten der Sprache bedient.
Und deswegen hat es mir auch sehr gefallen. Und generell bleibt man einfach dran beim Lesen. Es
ist meistens spannend. Und ehrlich gesagt ist es aber kein richtiger Roman, das muss man dazu
sagen. Es ist kein klassischer Roman, sondern Andreas schreibt hier eher autobiografisch über sich
selbst. Aber die Bücher sind im Prinzip so geschrieben wie eine Geschichte. Deswegen kann man
das schon sehr mit einem Roman vergleichen. Es war auf jeden Fall sehr schön. Es gibt auch noch
zwei weitere Bücher dieser Reihe, also zwei Nachfolger. Die habe ich auch gelesen, kann ich auch
nur empfehlen. War eine sehr, sehr schöne Leseerfahrung. Selbst wenn man sich nicht fürs Surfen
interessiert, sind das wirklich schöne Reisegeschichten hier, die man lesen kann.
Kommen wir zum dritten Buch. Und zwar Gut gegen Nordwind von Daniel Glattauer. Vielleicht
hast du davon schon gehört, es gibt auch einen Netflix-Film, der nach diesem Buch verfilmt wurde.
Und ich habe ehrlich gesagt nur das Buch gelesen, den Film kenne ich nicht. Und ich war auch sehr,
sehr skeptisch beim Lesen dieses Buchs, beziehungsweise vor allem vorher, weil ich wusste, wie
dieses Buch aufgebaut ist. Denn es gibt hier keine klassische Handlung, sondern es gibt zwei
Protagonisten, einen Mann und eine Frau, die sich E-Mails schicken. Also das ganze Buch besteht
aus dem E-Mail-Verkehr dieser beiden Personen. Und das macht es erst mal ziemlich schwierig,
weil es sehr ungewohnt ist. Allerdings kommt man sehr schnell rein und merkt, okay, das ist
irgendwie interessant. Und man möchte einfach wissen, wie es weitergeht. Also es ist sehr schwer,
dieses Buch aus der Hand zu legen. Nicht, weil es so spannend ist, sondern weil man wie die
entsprechende Person dann im Buch immer auf eine Antwort wartet. Und das ist wirklich ein sehr
schönes Element, was der Autor Daniel Glattauer hier hineingebracht hat in dieses Buch. Ich lese
mal einen kleinen Ausschnitt vor.
Neun Monate später
Kein Betreff.
Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr, wünscht Emmi Rothner.
Zwei Minuten später
Liebe Emmi Rothner, wir kennen uns zwar fast noch weniger als überhaupt nicht. Ich danke Ihnen
dennoch für Ihre herzliche und überaus originelle Massen-Mail. Sie müssen wissen, ich liebe
Massen-Mails an eine Masse, der ich nicht angehöre. Mit freundlichen Grüßen, Leo Leike.
18 Minuten später
Verzeihen Sie die schriftliche Belästigung, Herr MFG Leike. Sie sind mir irrtümlich in meine
Kundenkartei gerutscht, weil ich vor einigen Monaten ein Abonnement abbestellen wollte und
versehentlich Ihre E-Mail-Adresse erwischt hatte. Ich werde sie sofort löschen. PS, wenn Ihnen eine
originellere Formulierung einfällt, die man im Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr zu
wünschen, als Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr, dann teilen Sie mir diese gerne mit. Bis
dahin, Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr, Emmi Rothner.
Ich muss sagen, es war sehr schwierig, hier einen passenden Ausschnitt zu finden, vor allem einen
repräsentativen Ausschnitt. Die E-Mails der beiden sind auch meistens ein bisschen länger und das
wäre jetzt für diese Podcast-Folge nicht so ideal gewesen. Aber vielleicht hast du einen kleinen
Eindruck bekommen vom Aufbau des Buchs. Die Sprache ist sehr gemischt, denn man muss hier
sehen, dass die beiden Personen wirklich sehr authentisch aus ihrer eigenen Sicht schreiben. Das
heißt, manchmal sind sie ein bisschen emotionaler und vielleicht auch genervt oder wütend und
schreiben in diesem Ton. Manchmal sind sie aber auch sehr förmlich und schreiben dann eher in
gehobenem Deutsch. Also es ist so eine Mischung aus Umgangssprache und gehobenem Deutsch.
Es ist eine Mischung aus formeller und informeller Sprache. Also vielleicht genau das Richtige für
dich, wenn du nach beidem suchst. Also ich kann es wirklich nur empfehlen. Das ist ein sehr
kurzweiliges Buch und es wird dir ganz bestimmt gefallen.
Kommen wir zum vierten Roman. Bella Germania von Daniel Speck. Ich muss ehrlich sagen, ich
habe dieses Buch nicht auf Deutsch gelesen, sondern auf Italienisch. Einfach, weil die Geschichte
hier sehr viel mit Italien zu tun hat, wie der Name schon sagt, Bella Germania. Aber ich habe mich
natürlich über die Sprache in diesem Buch informiert, über die deutsche Sprache in diesem Buch,
habe einige Ausschnitte auf Deutsch gelesen und kann deswegen auch sehr gut beurteilen, wie die
Sprache hier funktioniert. Erst mal zum Inhalt. Es geht hier um die deutsch-italienische Geschichte.
Vielleicht weißt du, dass Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg sehr viele Gastarbeiter gesucht
hat und viele Italiener sind nach Deutschland gegangen, weil sie dort Hoffnung auf einen gut
bezahlten Arbeitsplatz hatten. Das wird hier in diesem Buch behandelt und die Hauptgeschichte
findet in der Vergangenheit und in der Gegenwart statt. Das heißt, es gibt eine junge Deutsche mit
italienischen Wurzeln, die ihre eigene Familiengeschichte besser kennenlernen möchte, die mehr
über ihre Familiengeschichte erfahren möchte. Und dabei findet sie sehr, sehr viele aufregende,
spannende und auch traurige Details heraus. Und in der Vergangenheit geht es um ihren Großvater,
der sich in eine junge Italienerin verliebt. Und was da alles passiert, das möchte ich jetzt nicht
vorwegnehmen und nicht spoilern, aber mir hat diese Geschichte sehr, sehr viel gegeben. Es ist eins
der schönsten Bücher, das ich je gelesen habe, muss ich sagen. Und ich kann es dir wirklich von
ganzem Herzen nur empfehlen. Bella Germania von Daniel Speck. Es ist absolut lohnenswert. Ein
kurzer Ausschnitt, den ich jetzt vorlese.
Er deutete auf die Frau auf dem Foto. Eine hübsche Italienerin, Anfang 20, kurze schwarze Haare,
Sommerkostüm mit kleinem Hut. Sie sah aus wie ich. Nicht, dass sie mir irgendwie ähnlich sah,
nein. Es war vielmehr, als blickte ich direkt in mein Spiegelbild. Ich war schockiert. Sie war jünger
als ich heute, aber sie hatte meine zierliche Figur, meine geschwungenen Augenbrauen, diesen
abenteuerlustigen und etwas verträumten Blick, den ich von meinen Fotos her kannte, die dunklen
Augen und den ironischen Zug um den Mund. Sie schien voller Energie zu stecken und dennoch lag
etwas Trauriges und Melancholisches in ihren Augen.
Ja, vielleicht bekommst du hier auch schon einen kleinen Eindruck von der Sprache in diesem
Buch. Dieses Buch kommt an vierter Stelle hier in meinem Ranking, weil es teilweise schon
komplexer geschrieben ist. Man kann es noch sehr gut verstehen, aber es gibt teilweise Sätze, die
ein bisschen länger sind und die so ein bisschen mehr Wortschatzkenntnisse erfordern. Und
trotzdem ist es so geschrieben, dass man dem ganzen Geschehen sehr gut folgen kann. Ich bin der
Meinung, ein B2/C1-Niveau sollte hier ausreichen, um diesem Buch zu folgen, um nicht zu viel
übersetzen zu müssen. Es hat mir sehr, sehr gut gefallen. Es ist eine sehr abwechslungsreiche
Sprache. Es ist unglaublich spannend geschrieben. Ja, einfach eine Handlung, die einen sehr berührt
und die einen auch sehr nachdenklich macht und nebenbei auch über historische Ereignisse sehr gut
informiert. Also Bella Germania von Daniel Speck, klare Empfehlung. Und es gibt übrigens auch
noch weitere Bücher von Daniel Speck, die habe ich auch gelesen. Er ist mittlerweile einer meiner
absoluten Lieblingsautoren und wenn du das Buch liest, dann weißt du vielleicht, warum.
Kommen wir zum letzten Buch, Buch Nummer 5 und zwar Vom Ende der Einsamkeit von Benedikt
Wells. Ja, wenn du den Titel hörst, Vom Ende der Einsamkeit, dann denkst du wahrscheinlich, das
ist wahrscheinlich ein sehr melancholisches, trauriges Buch und ehrlich gesagt hast du recht damit.
Ich habe mich auf den ersten 50, 60 Seiten gefragt, wow, warum lese ich dieses Buch? Das zieht
mich total runter. Das macht mich voll traurig. Das macht mich sehr, sehr melancholisch und
nachdenklich, weil es sehr viel in diesem Buch um Verlust und Trauerbewältigung geht und es geht
um Entwicklung. Im Zentrum stehen hier drei Geschwister, die sehr, sehr früh ihre Eltern verlieren
und dann in ein Internat müssen und dort als Waisen aufwachsen. Und im Zentrum steht dann das
mittlere Kind von den beiden, nein, das jüngste Kind von diesen dreien, dessen Entwicklung hier
beschrieben wird, dessen Entwicklung vom Kindesalter bis zum Erwachsenenalter beschrieben
wird, immer im Hinterkopf mit diesem Verlust der Eltern umgehen zu müssen. Das hat ihn natürlich
geprägt, gar keine Frage. Und es ist ein sehr gutes Buch, es macht aber auch so ein bisschen traurig
hier und da an einigen Stellen. Also wenn du dir das Buch kaufst, wenn du es liest, dann sei darauf
vorbereitet, dass du hin und wieder mal so ein bisschen in Gedanken verfallen wirst, dass du hin
und wieder mal melancholisch wirst, vielleicht an eigene traurige Geschichten erinnert wirst. Aber
wenn das für dich okay ist, dann ist es ein absolut lesenswertes Buch, denn diese Geschichte ist
wirklich sehr herzergreifend und berührend. Ich lese den kleinen Ausschnitt vor und dann schauen
wir mal auf die Sprache.
Unser Vater stieg zuerst aus und eilte mit federnden Schritten zur Tür. Es müssen damals seine
Jahre gewesen sein, wie man so sagt. Mit Mitte 30 hatte er noch sein dichtes, schwarzes Haar und
begegnete jedem mit liebenswürdiger Höflichkeit. Oft sah ich, wie Nachbarn und Kollegen um ihn
standen und gebannt zuhörten, wenn er sprach. Das Geheimnis war seine Stimme. Sanft, nicht zu
tief, nicht zu hoch. Sein Akzent nur angedeutet, wie ein unsichtbares Lasso legte sie sich um seine
Zuhörer und zog sie näher zu sich heran. In seinem Job als Wirtschaftsprüfer war er sehr geschätzt,
doch für ihn zählte nur seine Familie.
Ja, du merkst, hier gibt es auch schon zwei Metaphern in diesem kleinen Ausschnitt. Seine Stimme,
die sich wie ein unsichtbares Lasso um seine Zuhörer legt. Das Lasso ist das, womit die Cowboys
früher ihre Kühe oder Pferde gefangen haben, ja, im Wilden Westen. Und genau, das kommt auch in
diesem Buch natürlich häufiger vor, solche kleinen Metaphern. Generell kann man sagen, dass die
Sprache hier so ein bisschen komplexer ist und sich wirklich nur an Leute richtet, die schon ein
richtig gutes Deutschniveau haben, also C1 und besser. Du solltest schon ein wirklich gutes
Textverständnis haben, wenn du dieses Buch entspannt lesen möchtest. Aber wenn du das hast,
dann klare Empfehlung, weil es einfach, wie gesagt, eine sehr, sehr schöne Geschichte ist. Was ich
besonders schön finde, ist der Umstand oder der Fakt, dass der Autor Benedikt Wells hier seine
Figuren sehr stark zur Geltung bringt. Er weckt sie sehr stark zum Leben, macht sie mega
authentisch, macht sie nahbar und greifbar für den Zuhörer oder für den Leser, ja, sodass man
wirklich das Gefühl hat, die Personen gut zu kennen. Und das ist wirklich eine Fähigkeit eines
Autors, die wirklich, ja, nicht jeder hat, so muss ich es mal sagen. Also es ist wirklich eine große
Leistung, ein großes Talent, so etwas zu schaffen, solche Figuren so lebensnah zu machen und, ja,
so greifbar für den Leser. Und das schafft er mit seiner sprachlichen Begabung, mit der Art und
Weise, wie er schreibt und diese Figuren eben darstellt.
Ja, das waren meine fünf Buchempfehlungen für dich, meine fünf Romanempfehlungen für dich,
von 1 bis 5 nochmal zusammengefasst. Wir hatten ganz zu Anfang, Man vergisst nicht, wie man
schwimmt von Daniel Huber, eine schöne, kurzweilige Sommergeschichte mit relativ einfacher
Sprache. Dann haben wir Boarderlines von Andreas Brendt, ein richtig schönes AbenteuerReisebuch, eher eine autobiografische Darstellung, trotzdem mit einer recht schönen Geschichte
und sehr vielen, sehr krassen Bildern, die dort durch die Sprache entstehen, aber auch noch relativ
human, relativ einfach gehalten. Dann haben wir Gut gegen Nordwind, eine Geschichte, die aus EMail-Kontakt, aus E-Mail-Verkehr besteht, so ein bisschen ungewohnt, aber trotzdem wirklich
lesenswert, sprachlich in einer Mischung zwischen formeller, informeller, umgangssprachlicher,
gehobener Sprache. Dann haben wir Bella Germania von Daniel Speck, ein sehr, sehr schönes
Buch, das die deutsch-italienische Geschichte so ein bisschen beschreibt und in zwei Epochen
spielt, in zwei unterschiedlichen Zeiten. Sprachlich schon ziemlich anspruchsvoll und auf jeden Fall
etwas für höhere Niveaus. Und ganz zuletzt, Vom Ende der Einsamkeit von Benedikt Wells, auf
jeden Fall eine Lesereise wert, ja, sehr melancholisch, teilweise ziemlich traurig und auch
unheimlich bewegend und berührend. Sprachlich auf jeden Fall aber auch ziemlich komplex und
nur für absolut hohe Deutschniveaus geeignet.
Ich hoffe, dir hat diese kleine Folge gefallen und ich würde mir natürlich wünschen, wenn du jetzt
eins dieser Bücher kaufst und sagst, das klingt spannend, das möchte ich lesen. Du kannst mir selbst
gerne mal sagen, wenn du diese Folge bei YouTube schaust, ob du schon eins dieser Bücher kennst
oder wenn nicht, welche deutschen Romane du schon gelesen hast. Das würde mich wirklich mal
interessieren, um mal zu schauen, was meine Hörerinnen und Hörer für Bücher lesen. Also schreib
mal gerne in die Kommentare, welche Bücher du schon kennst und wenn du weitere Fragen zu
diesen Büchern oder allgemein zu deutscher Literatur hast, dann bin ich gerne für dich da und helfe
dir. Mach’s gut, vielen Dank fürs Einschalten. Ich erinnere noch mal an meine Patreon-Seite, dort
kannst du mich unterstützen und ansonsten sehen wir uns hoffentlich bald wieder. Ciao, ciao!

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