#128 – Worthülsen: Wörter ohne Bedeutung? – mit Marija von Deutsch mit Marija

Transkript & Wortschatzerklärungen als PDF gibt’s hier

 

Wenn du wie alle anderen Deutschlernenden bist, dann passiert es dir sehr wahrscheinlich auch regelmäßig. Du nutzt Worthülsen. Was ist das genau? Eine Hülse ist eine leere Hülle oder eine leere Verpackung oder eine leere Schale. Also kurz die Form ist da, aber der Kern fehlt. Und eine Worthülse ist demnach ein Wort ohne echten Inhalt. Ja, und von diesen Wörtern haben wir im Deutschen eine ganze Menge. Muttersprachler wie auch Sprachenlerner benutzen sie täglich, ohne sich wirklich darüber bewusst zu sein. Und genau deshalb habe ich zusammen mit Marija von Deutsch mit Marija eine Episode zu diesem Thema gemacht. Wir haben die typischen deutschen Worthülsen herausgesucht, erklärt, in welchen Situationen es nur leere Hülsen sind und was man stattdessen sagen sollte. Bevor wir starten, möchte ich dich noch an meine Osterspecial erinnern, das nur noch heute und morgen läuft. Also bis zum 21. April bekommst du meinen Deutschkurs 100 % Hörverständnis. Noch deutlich günstiger als normalerweise. Der Name Des Kurses sagt alles.

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Moin liebe Leute. Willkommen zu einer neuen Folge von Deutsches Geplapper. Und ich begrüße Marija. Schön, dass du wieder da bist. Seit November warst du nicht mehr da, jetzt ist es endlich wieder soweit. Hi.

Hi Fleming. Ich freue mich, dass ich wieder da bin. Sehr schön. Es gibt wieder so viel zu besprechen.

Ja, wir haben gerade schon im Vorgespräch eine Stunde gesprochen, gefühlt, auch schon über Politik gequatscht und so. Jetzt heute aber mal wieder ein Sprachthema und ich freue mich, der Vorschlag kam von dir tatsächlich, das Thema Worthülsen und ich finde das richtig spannend, weil das ist so richtig, ja, so richtig etwas, was einen direkt im Alltag betrifft, sowohl Muttersprachler als auch Sprachenlernende, oder?

Und was sehr viele nicht kennen. Also ich glaube, wir müssen tatsächlich mit der Begriffsklärung beginnen, weil vielen das gar nicht bewusst ist, dass sie damit tatsächlich in Verbindung kommen.

Lass uns das mal machen. Also ich habe in der Einleitung schon ein, zwei Worte dazu verloren, aber lass uns trotzdem noch mal ein bisschen versuchen da reinzugehen. Eine Worthülse, was will uns das eigentlich sagen? Was ist überhaupt eine Hülse?

Ja, ich bin tatsächlich militärisch nicht so bewandert, aber ich musste damals auch erstmal googeln, dass das von einer Patrone übrig Bleibende ist, was bleibt, nachdem man die Patrone verschossen hat. Genau, also militärischer Wortschatz ist nicht meine Stärke, du merkst.

Genau, aber das würde passen. Es gibt ja also das Drumherum um das eigentliche Projektil, so heißt es im militärischen Kontext und man kann das ja auch auf andere Bereiche noch erweitern. Hülsenfrüchte. Hülsenfrüchte, so wie Bohnen, Erbsen, Kichererbsen, was weiß ich was, Linsen, sind alles Hülsenfrüchte. Also eine Schale drumherum um den eigentlichen Kern, um den es geht.

Eigentlich sowas wie eine Hülle. Und Hülle kennen glaube ich alle, die ein Handy haben oder irgendwas anderes. Nur eine Hülse ist nicht dazu da, im sprachlichen Sinn, um etwas zu schützen.

Wobei vielleicht schon, also eine Worthülse ist ja ein Wort, das einerseits etwas bedeutet und andererseits dann doch wieder nicht. Also es ist ein bisschen mystisch.

Ja genau, also genau da kommen wir jetzt drauf. Also eine Worthülse, also etwas, was nicht richtig, was keinen richtigen Kern hat, kann man es so sagen? Dass der eigentliche Inhalt nicht…

Aber es variiert. Also das Paradoxe ist ja, dass es für jeden Menschen eine andere oder etwas abweichende Bedeutung haben könnte und trotzdem ist es ein Wort. Aber wir fragen nicht jedes Mal nach, was meinst du denn genau, wenn du dieses oder jenes Wort benutzt? Also wenn wir über, weiß ich nicht, Kaffeetassen sprechen, dann ist es relativ eindeutig, was wir damit meinen. Aber wenn wir über ein interessantes Buch z.B. sprechen. Interessant ist so ein Wort, das ich sehr gerne in meinen C C Gruppen verbiete und wirklich explizit ist das eines der verbotenen Wörter? Und wenn die Leute sich entrüsten und Mensch, aber die Deutschen benutzen es doch ständig, dann sage ja, es ist einfach eine Übung. Was für Wörter kannst du stattdessen benutzen, um wirklich präzise auszudrücken, was du meinst? Weil wenn du mir hey, diese Serie ist super interessant, schau sie dir an. Und ich schaue sie mir an und denke, was ist das für ein Blödsinn? Also ich hätte mich nicht im Traum dafür interessiert, das ist überhaupt nicht mein Thema. Und dann müssen wir uns hinsetzen und klären, was ist für dich interessant, was ist für mich interessant und warum wären vielleicht andere Begriffe treffender, wenn du mir diese Serie nahelegen möchtest und ich keine Zeit verschwenden möchte und sofort verstehen möchte, ist es was für mich oder nicht?

Und da haben wir ja auch gleich schon mal die Relevanz für die Sprachenlernenden hier. Also einerseits sich, wie du gesagt hast, sehr präzise auszudrücken, was man auch Muttersprachlern ans Herz legen kann und sollte, da kommen wir gleich noch drauf. Aber so wie du gesagt hast, du verbietest deinen Schülern dieses Wort zu nutzen in bestimmten Übungen oder so, das sorgt ja auch wieder dafür, dass du einfach nicht faul wirst. Man könnte die ganze Zeit gut und okay und interessant sagen und hätte da trotzdem nichts gesagt, aber wenn man sich versucht, Synonyme zu überlegen, erweitert das ja auch den Wortschatz. Also das ist ja auch eine super Übung, um da in dem Bereich ein bisschen breiter aufgestellt zu sein. Einfach auch gerade, wenn man Richtung C1 gehen möchte oder so ein hohes sprachliches Niveau erreichen möchte, da geht es um andere Wörter und da geht es um Präzision.

Absolut. Und an der Stelle muss man dann leider auch sagen, wenn du dich auf z.B. das Niveau C1 vorbereiten möchtest, ist es nicht genug, einfach im Alltag mit Muttersprachlern über Belanglosigkeiten zu sprechen, weil man dann einfach in einem sehr, sehr geringen Wortschatz gefangen ist und dann kann man nicht mehr als Ausrede ja, aber ich rede doch die ganze Zeit mit Muttersprachlern. Ja gut, unabhängig davon, ob Muttersprachler oder nicht Muttersprachler, aber der alltägliche Wortschatz ist in jeder Sprache, denke ich, sehr, sehr gering. Es sei denn, du sprichst im Alltag über irgendwelche tief philosophischen oder sonstigen Dinge und dann ist diese Übung auch wieder eigentlich für Muttersprachler genauso interessant wie für Sprachlernende.

Genau, auf jeden Fall. Die Frage ist ja jetzt, warum machen wir das überhaupt? Ich meine, ich glaube, viele Leute haben gar kein Bewusstsein dafür, dass sie täglich solche Worthülsen verwenden, aber ist auch egal, ob man Bewusstsein dafür hat oder nicht, weil wenn es um die Frage geht, warum, weil ja, man macht es ja. Also ist die Frage, aus welchem Grund suchen wir uns unterbewusst diese Hülsen, von denen wir eigentlich wissen, dass sie nicht wirklich präzise sind, dass sie teilweise inhaltsleer sind, dass sie nicht so viel aussagen wie wir, wie wir vielleicht denken oder wie sie vielleicht aussagen müssten. Also aus welchem Grund tun wir das? Was würdest du sagen? In Bezug auf Muttersprachler, sagen wir jetzt mal.

Es vereinfacht die Kommunikation, es macht uns faul, so wie in meinem Beispiel mit dem Wort interessant. Wenn wir jetzt am Anfang klären müssten, was für dich jetzt das Tolle an dieser Serie ist, die du mir empfohlen hast, dann müssten wir deutlich länger und umfassender sprechen oder schreiben, als wenn du mir einfach den unverbindlichen Tipp hinwirfst, so es ist interessant und ich bin zu faul nachzufragen, was meinst du denn genau mit interessant? Das macht man im Alltag normalerweise nicht. Was passiert dann? Ich schau zumindest eine Folge an und dann weiß ich, ist das was für mich oder nicht? Aber ich gebe die Schuld nicht unbedingt dem Wort interessant. Also solche Wörter machen uns faul in der Kommunikation, machen die Kommunikation sehr unpräzise und setzen sehr vieles voraus. Und es geht ja auch, also in diesem Beispiel ist das relativ harmlos, da kann jetzt nicht viel passieren, außer dass ich sage, du, das war irgendwie nichts für mich und du wirst es vermutlich mir auch nicht böse nehmen, nicht übel nehmen und wirst nicht sagen, Mensch Maria, jetzt habe ich dir meine Lieblingsserie empfohlen und du undankbares Wesen hast jetzt irgendwie, die hat dir nicht gefallen. Genau.

Ja, also da sprichst du eigentlich schon ganz, ganz guten Punkt an, weil so wie ich das verstehe, kann man solche Hülsen auch dafür benutzen, um so ein bisschen unangenehme Wahrheiten zu kaschieren. Also wenn du jetzt diese, du empfiehlst mir eine Serie, um bei dem Beispiel zu bleiben und ich sage und fragst mich dann, wie fandst du die Serie Flemming? Und ich sage, ja, ich, also sie hat mir nicht, ich sage es nicht, aber eigentlich hat sie mir nicht gefallen. Und dann sage ich, ja, war schon interessant. So und das würde ja in dem Beispiel heißen, ich möchte dich nicht verletzen und deine Lieblingsserie verhunzen oder so. Deswegen nutze ich hier das Wort oder die Worthülse interessant, weil das kann einfach sehr vieles bedeuten. Ich bleibe damit so ein bisschen diplomatisch. Ich möchte keinen Streit mit dir, möchte keine Diskussion mit dir. Ich sage, ja, sie war interessant und damit bin ich komplett im neutralen Bereich.

Außer wir sprechen über Gerichte, weil wenn es jetzt was Kulinarisches wäre, also deine Freundin kocht was und du sagst, schmeckt interessant. Das hatte ich vor kurzem im Unterrichtsgespräch. Die Leute waren sehr überrascht, dass man interessant in einem eher negativen Sinne benutzt, so von wegen, also ein zweites Mal muss ich das nicht essen. Spannend, aber gut, das ist dann nicht mehr die Worthülse, sondern eine versteckte Bedeutung, die nicht offensichtlich ist eigentlich.

Ich merke schon, wir könnten hier eigentlich eine komplette Episode zum Wort interessant machen, weil genau das ist der Punkt. Man muss auf den Kontext achten. Wenn ich zur Serie interessant, kann das vieles heißen, aber ich bewege mich damit mehr im neutralen Bereich. Wenn ich zu einer Dokumentation interessant sage, dann ist das schon wieder spezifischer, finde ich, weil da geht es um Wissensvermittlung und Wissen ist eben interessant. Wenn ich das aufnehme und es interessant ist, dann interessiert es mich, dann finde ich das gut, dann möchte ich da mehr von haben. Wenn ich das in Bezug auf, wie du sagst, Kulinarik sage, dann ist das Wort eher abwertend gemeint, weil da gibt es nicht viel Interpretationsspielraum. Wenn etwas gut schmeckt, dann sage ich gut, wenn es schlecht schmeckt, dann sage ich nicht gut. Interessant in unserem Sprachbewusstsein heißt es wohl eher, dass es nicht geschmeckt hat oder sehr, sehr speziell und nicht für uns geeignet ist.

Ich kenne das tatsächlich von Deutschen, die irgendwelche typisch russischen Gerichte probieren.

Also wir haben ja durchaus unsere Besonderheiten mit, was weiß ich, rote Beete, muss nicht jeder mögen und sowas, und dann heiß es interessant.

Also es ist krass. Muss man so ein bisschen mal drüber nachdenken, was man selbst für Wörter einfach im Alltag benutzt und immer mal das ein oder andere Wort so ein bisschen unter die Lupe nehmen, damit man vielleicht auch merkt, okay, was sage ich eigentlich die ganze Zeit.

Übrigens Leute, weil ich gerade merke, dass Marija und ich hier uns auf einem, ich sag mal, sprachlich relativ hohen Niveau bewegen, auch gerade viele Wendungen haben, die ihr vielleicht nicht kennt, ihr bekommt ja das Transkript neuerdings zu jeder Folge komplett gratis auf meiner Website. Also da stelle ich ab sofort wieder alle Transkripte rein mit Wortschatzerklärung. Also schaut einfach auf meiner Website www.naturalfluentgerman.com vorbei. So, kleine Werbung am Rande hier. Werbung ist es eigentlich gar nicht.

Aber weißt du, eigentlich kratzen wir da nur an der Oberfläche, weil wir müssten, wenn wir schon beim Thema sind, müssen wir über zielgerichtete Kommunikation sprechen. Das ist ein riesiges Thema, weil ich würde tatsächlich behaupten, dass wir uns meistens nicht mit der Funktionalität beschäftigen, von dem, was wir sagen. Wir benutzen Sprache im Alltag und selten stellen wir uns die Frage, was möchte ich denn eigentlich bezwecken? Also mit der Wortwahl, die ich jetzt habe. Ein Paradebeispiel dafür sind irgendwelche Vorstellungen, Vorstellungsgespräch nicht, aber Bewerbungsschreiben, diese Anschreiben, die ich so schrecklich finde. Und ich habe immer den Kampf mit meinen Kunden, die das inzwischen mit KI schreiben und so weiter. Aber Tatsache ist, es ist eine Aneinanderreihung von Floskeln, die nichts über die Person aussagen. Und dann haben wir immer wieder Diskussionen, wo ich sage, schau mal, ein Personaler nimmt dieses Schreiben und möchte irgendwas über dich erfahren. Und er möchte das in sehr kurzer Zeit erfahren, weil er noch 300.000 andere Kandidaten begutachten muss. Und da steht dann sowas wie ja, sag mal du, ein paar Floskeln, die in Bewerbungsschreiben vorkommen.

Die in Bewerbungsschreiben vorkommen. Also was könnte man sagen?

Bei dir ist die letzte Bewerbung wahrscheinlich auch schon ein bisschen her, oder?

Bei mir ist es schon lange her, muss ich ehrlich sagen. Ich habe ja nur zwei Jahre im Angestelltenverhältnis gearbeitet, ansonsten war ich ja dann auch immer selbstständig, deswegen muss ich mich nirgendwo bewerben. Ja, oh Gott…..

Das komplette Transkript & Wortschatzerklärungen als PDF gibt’s hier

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