Sprecher 1 (00:00)
Moin liebe Leute, schön, dass ihr wieder eingeschaltet habt hier bei einer neuen Folge von Deutsches Geplapper und mein heutiger Podcast-Gast ist Felicia alias Feli from Germany. Herzlich willkommen, hi!
Sprecher 2 (00:14)
Hi! Danke, dass ich da sein darf.
Sprecher 1 (00:15)
Ja, schön, dass du da bist. Und Feli, darf ich dich Feli nennen?
Sprecher 2 (00:20)
Ja, ja, natürlich. Sehr gerne.
Sprecher 1 (00:21)
Bevor wir hier einsteigen mit Fragen und mit richtig krassen Inhalten, machen wir mal so’ne ganz schnelle kleine Fragerunde. So ein bisschen zum warm werden quasi. Ja, ich möchte einfach, dass du die folgenden Sätze einfach mal beendest. Mal gucken, was dabei rauskommt. Es geht ja heute das Thema Deutschland und USA, so ein bisschen im Vergleich bzw. wie die Wahrnehmung auch ist in den USA, wo du ja wohnst. Und deswegen beende mal kurz die folgenden Sätze. Also das Beste an den USA ist…?
Sprecher 2 (00:55)
Die Convenience. Ich weiß gerade nicht, wie man das gut auf Deutsch übersetzt. Die Bequemlichkeit.
Sprecher 1 (00:59)
Die Bequemlichkeit, okay. An Deutschland fehlt mir am meisten…?
Sprecher 2 (01:05)
Brot, Milchprodukte und Fahrradfahren.
Sprecher 1 (01:07)
Die Amerikaner essen am liebsten…?
Sprecher 2 (01:11)
Frittiertes Essen.
Sprecher 1 (01:13)
Der größte Unterschied zwischen Deutschland und den USA ist…?
Sprecher 2 (01:19)
Mentalität.
Sprecher 1 (01:20)
Die größte Gemeinsamkeit zwischen Deutschland und den USA ist…?
Sprecher 2 (01:27)
Popkultur.
Sprecher 1 (01:29)
Letzte Frage: was dachtest du, als Donald Trump Präsident wurde?
Sprecher 2 (01:33)
Ach du Scheiße, aber ich bin ja eh bald wieder weg.
Sprecher 1 (01:36)
Okay, sehr gut. Das ist eigentlich schon eine gute Einleitung. Du bist eh bald wieder weg? Also du wohnst seit 2016 in den USA und offenbar, wann wurde Trump Präsident?
Sprecher 2 (01:48)
2016, so zwei Monate nachdem ich hier angekommen bin.
Sprecher 1 (01:50)
Okay, also war das gar nicht geplant, dass du dauerhaft in den USA lebst oder wie war es damals?
Sprecher 2 (01:56)
Nee, nee. Das war nur ein Auslandssemester eigentlich. Also einfach nur so ein ganz normales Auslandsstudium, fünf Monate und dann wieder zurück. Ich bin dann auch wieder zurückgegangen. Also ich bin auch nicht seitdem permanent in den USA, sondern bin dann aber halt immer wieder zurückgekommen und dann ungefähr seit 2018 dann wirklich durchgehend. Davor war es halt so halbes Jahr USA, halbes Jahr Deutschland und so weiter. Dann wieder halbes Jahr USA, dann wieder halbes Jahr Deutschland, weil das auch mit dem Visum nicht so einfach geht, dass du dann einfach hier bleibst.
Sprecher 1 (02:22)
Okay, aber jetzt wohnst du dort mit deiner Familie oder alleine oder wie ist es momentan?
Sprecher 2 (02:28)
Nicht mit meiner Familie. Also ja, kommt drauf an, was man jetzt natürlich als Familie bezeichnet. Also jetzt nicht mit meinen Eltern oder mit irgendwelchen Leuten aus Deutschland, sondern ich wohne mit meinem Freund und mit unseren zwei Katzen. Also man kann es als Familie bezeichnen, ja also ich und mein Freund. Der ist Amerikaner.
Sprecher 1 (02:44)
Okay, sehr cool. Jetzt bist du schon ein paar Jahre dort, hat sich alles so ergeben, so wie das Leben so spielt. Mal ganz kurz ein paar Worte zu dir. Also wir haben jetzt gerade dieses Warm up gemacht hier, aber die Leute wissen eigentlich noch gar nicht so, was du eigentlich machst. Erzähl mal ein paar Sätze zu dir einfach und ja, warum du vielleicht auch jetzt in den USA geblieben bist und wie das alles so läuft für dich.
Sprecher 2 (03:12)
Okay, also ich komme ursprünglich aus München. Ich bin dort geboren, groß geworden. Ich habe dann auch dort studiert, also meinen Bachelor gemacht und im letzten Semester vom Bachelor bin ich dann eben in die USA. Also ich war davor schon mal in der zehnten Klasse, als ich 16 Jahre alt war, war ich schon mal zwei Wochen in den USA mit so einem Schüleraustausch zwischen der Stadt München, also quasi nicht von meiner Schule organisiert, sondern so von den Städten organisiert mit der Stadt München und der Stadt Cincinnati. Also witzigerweise genau in der gleichen Stadt, wo ich jetzt auch wieder gelandet bin, weil die beiden nämlich Partnerstätte sind. Und damals, das war dann das allererste Mal, dass ich überhaupt in den USA war mit 16 und da fand ich’s schon ganz cool, obwohl ich gar nichts erwartet hatte. Ich bin da auch nur so reingerutscht, also ’ne Freundin von mir wollte das unbedingt machen und ich habe mich dann mit angemeldet und am Ende ist sie nicht mitgekommen und ich schon. Und ja, dann war ich halt irgendwie da diese zwei Wochen in den USA, auch in ’ner Gastfamilie und dann waren die halt dann noch in München, wie es läuft bei so einem Austausch. Und danach bin ich dann ein paarmal mit meinen Eltern oder mit meiner Familie zum Urlaub in den USA gewesen. Und dann kam eben so das Ende vom Bachelorstudiengang und ich wollte halt unbedingt noch mal ein Auslandssemester machen, weil man sagt ja oft, wenn man das nicht macht, dann hat man was verpasst und das ist jetzt die letzte Möglichkeit. Und da habe ich mir natürlich Gedanken gemacht, wo will ich gerne hin? Und ich hatte richtig, richtig Lust, noch mal so richtig zu feiern und dieses Studentenleben zu leben. Natürlich hatte ich das in Deutschland irgendwie auch, aber zu dem Zeitpunkt war ich dann 22 und irgendwie war das da fast schon wieder vorbei. Also meine Hochphase, so was so Feiern angeht in Deutschland hatte ich eher so mit 17, 16, 17, 18. Und als ich dann studiert habe, habe ich auch drei Jobs nebenbei gehabt. Also ich habe halt in den Medien gearbeitet und dann immer am Wochenende irgendwie beim Radio gearbeitet und so weiter. Und ja, hatte das irgendwie nicht mehr so, dieses Feiern. Und dann dachte ich mir, ich gehe in die USA und mache so richtig dieses amerikanische College-Leben. Und genau das habe ich dann auch gemacht. Also es war auch krasser als in den Filmen sogar. Und ja, dann habe ich es halt sehr lieben gelernt. Also einfach so, ja, die Mentalität. Ich hatte irgendwie, also das ist für viele Leute schwer nachvollziehbar, weil man natürlich sagen kann, Deutschland hat sehr viele Vorteile den USA gegenüber, vor allem was das System angeht, Gesundheitssystem, Sozialsystem und so weiter. Natürlich auch politisch ist es schwierig teilweise in den USA. Aber rein von der amerikanischen Mentalität her hatte ich zu dem Zeitpunkt und auch bis jetzt immer noch das Gefühl, dass das irgendwie für meine Persönlichkeitsentwicklung sehr gesund war, weil ich irgendwie das Gefühl hatte, hier herrscht weniger so nach rechts und links gucken, mehr einfach Leute unterstützen, Optimismus, jeder kann irgendwie er selbst sein. Das klingt jetzt vielleicht, wenn man die amerikanischen politischen Entwicklungen so im Kopf hat, so ein bisschen widersprüchlich, weil ja zum Beispiel was jetzt so LGBTQ-Sachen angeht, kann vielleicht nicht jeder er selbst sein. Aber so im normalen Alltag hatte ich einfach oft das Gefühl in Deutschland, du musst irgendwie so ein bisschen dich immer anpassen und wenn du was anders machst, dann wird immer gleich so ein bisschen komisch geguckt oder auch immer gefragt „Warum machst du das denn?“. Also allein die Anzahl an Fragen, „Ja, warum gehst du denn in die USA? Also warum denn? Was willst du denn da? Das würde ich ja nie machen.“ So einen Kommentar hab ich nie von Amerikanern bekommen, sondern immer nur so „Voll cool, gut für dich, also so good for you, genieß es!“, also einfach so dieses Encouragement. Und da kommen wir dann auch zu dem Punkt, was ich mache. Also ich bin dann, habe mir dann verschiedene Wege gesucht, wie ich dann wieder zurück konnte in die USA, nachdem dieses Auslandssemester vorbei war, weil das ist natürlich begrenzt und du hast auch nur ein Studentenvisum oder ein Austauschvisum zu dem Zeitpunkt und dann musst du wieder das Land verlassen. Also die USA ist ja jetzt nicht so leicht da reinzukommen. Studieren ist immer noch so das leichteste, der leichteste Weg, wie in vielen anderen Ländern auch. Aber im Vergleich zu wenn man innerhalb der EU irgendwohin geht, dann ist es auf jeden Fall rechtlich viel, viel einfacher, als wenn man versucht in die USA zu ziehen. Vor allem auch was dann Geldverdienen angeht und so.
Sprecher 1 (07:17)
Genau, ja.
Sprecher 2 (07:19)
Genau. Und dann habe ich mir Wege versucht zu suchen, wie ich wieder legal hier zurückkommen konnte. Man muss auch dazu sagen, aus Transparenzgründen, zu dem Zeitpunkt hatte ich dann auch eine Beziehung in den USA. Das war dann auch noch so ein Zusatzantrieb, also nach außen hin vielleicht sogar der offizielle Antrieb, warum ich wieder in die USA zurück wollte. Die Beziehung ist nicht langfristig gewesen, also die ist dann irgendwann kaputt gegangen und es war auch nicht mein einziger Grund. Aber so, es war für viele Deutsche dann akzeptabler zu verstehen, warum ich da wieder zurück möchte. Vor allem, weil dann der einzige Weg, den ich dann letztendlich gefunden hatte, war dann ein unbezahltes Praktikum als nächstes. Dann habe ich hier ein halbes Jahr unbezahlt, ich durfte auch kein Geld verdienen. Und dann habe ich meinen Master hier gemacht. Das war dann so mein drittes, also erst Auslandssemester, dann unbezahltes Praktikum, dann Masterstudium. Und da habe ich dann auch Geld verdient, das war dann sogar ein super Deal, weil in den USA kosten Studiengänge ja oft sehr viel, also Studiengebühren. Und deswegen könnte man eigentlich meinen, voll dumm den Master in den USA zu machen statt in Deutschland, wo es kostenlos ist. Aber das Coole daran war, dass ich gar nichts zahlen musste, weil bei dem Studiengang, das war dann German Studies, hatten die halt nach Muttersprachlern gesucht und die haben dann allen Master- und Doktor-Studenten oder Doktoranden ein Vollstipendium gegeben und man hat dann auch noch Deutsch unterrichtet und dafür für meine Verhältnisse echt gut verdient. Ich habe dann damals in dem einen Unijahr, das geht dann immer so neun Monate oder acht, neun Monate in den USA, 15.000 verdient. Also ich habe gar nichts gezahlt, also klar Miete und so bezahlt, aber 15.000 verdient, also für die komplette Zeit, was für mich für damalige Verhältnisse halt voll viel war, da dachte ich mir so voll cool. Und der Master hat auch nur ein Jahr gedauert, das gibt’s in Deutschland auch nicht. Da dachte ich mir, super Deal. Das war dann der dritte Weg, wie ich dann legal hier war. Und schlussendlich habe ich dann die Green-Card-Lotterie gewonnen. Und das ist dann jetzt der Grund, warum ich hier sein darf, dass ich dann eben eine Green Card hatte, also ’ne legale Aufenthaltsgenehmigung oder permanent residence, wie nennt man das auf Deutsch?
Sprecher 1 (09:35)
Ja, Aufenthaltsgenehmigung eigentlich.
Sprecher 2 (09:38)
Weil so ein ähnliches Äquivalent gibt es ja auch im Deutschen. Aber genau, sowas wie eine permanente Aufenthaltsgenehmigung, wo man ja dann auch alles darf. Also ich dürfte jetzt auch arbeitslos sein, ich dürfte selbstständig sein, was ich auch bin. Ansonsten ist nämlich ein USA-Visum meistens eben an den Arbeitgeber gekoppelt oder an die Uni gekoppelt oder an irgendwas spezifisches, wo du dann selbst nicht mal den Job wechseln kannst, ohne dass du dein Visum verlierst. Und deswegen war das dann ein riesiges Glück für mich, dass ich dann einfach mich so ein bisschen ausprobieren konnte. Und jetzt kommen wir zu dem Punkt, was ich eben aktuell mache. Ich habe dann währenddessen schon irgendwann so einen YouTube-Kanal gegründet und letztendlich ist es dann darauf hinausgelaufen, dass ich das jetzt Vollzeit mache als Job und der YouTube-Kanal dreht sich hauptsächlich kulturelle Unterschiede zwischen Deutschland und den USA und meine Erfahrungen damit.
Sprecher 1 (10:33)
Genau, sehr gut.
Sprecher 2 (10:35)
Lange Antwort.
Sprecher 1 (10:37)
Alles gut, ja, ich hab ja auch ’ne komplexe Frage gestellt. Also das ist auf jeden Fall ein sehr, sehr interessanter, spannender Weg, finde ich, wie sich das alles so für dich entwickelt hat und dass du jetzt quasi auch, ja, ich würde mal sagen, so wie es für mich klingt, irgendwie auch deine neue Heimat gefunden hast. Also du bist glücklich dort in den USA, so macht es jetzt zumindest auf mich den Eindruck. Kannst du das so bestätigen?
Sprecher 2 (10:58)
Ja, ja, also ich bin auf jeden Fall glücklich. Ich habe auch ein Haus gekauft hier letztes Jahr, was auch so ein kultureller Unterschied ist. Aber ich sage immer, also ich habe jetzt nicht vor, hier für immer zu bleiben. Ich will auch auf jeden Fall entweder temporär oder permanent auch wieder nach Deutschland. Also entweder nur für ein paar Jahre oder so oder halt dann, wie sich’s anfühlt. Also ich bin da ganz flexibel, wo ich mich langfristig sehe.
Sprecher 1 (11:23)
Okay, genau. Da muss man sich ja auch nicht festlegen, das wäre ja auch Quatsch, da würde man sich ja selbst viel zu viel Druck machen oder viel zu viele Chancen nehmen. Deswegen gute Art und Weise, wie du damit umgehst, würde ich mal sagen. Und deinen YouTube-Kanal, den hast du eben schon erwähnt, der übrigens klasse ist, das kann ich hier allen Leuten noch mal empfehlen. Also Feli from Germany einfach bei YouTube eingeben, da findet ihr einen großen Haufen vieler richtig interessanter Videos, die sich, wie du schon gesagt hast, so um die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und den USA drehen. Was mich interessiert ist, wer ist eigentlich so deine Hauptzielgruppe bzw. wer schaut eigentlich deine Videos? Sind das vorrangig die Leute aus den USA oder wo sind die zu Hause?
Sprecher 2 (12:07)
Ja, also hauptsächlich Amerikaner, aber dann direkt auf dem zweiten Platz sind dann eigentlich die Deutschen und Österreicher, Briten, Inder. Also das sind so die Haupt… aber meistens, also es gibt manchmal Phasen, wo irgendwie ein Video besonders beliebt ist in Deutschland und dann rutscht es so in den Analytics so hoch, dass dann Deutschland oben ist und USA an der zweiten Stelle. Aber meistens ist eigentlich USA an erster Stelle, Deutschland an zweiter Stelle. Und das war auch so ein bisschen damals mein Ziel. Also ich habe den YouTube-Kanal ursprünglich gegründet, aus paar verschiedenen Gründen eigentlich. Also es gab so ein paar Faktoren, die da mit reingespielt haben. Einerseits hatte ich halt immer in den Medien gearbeitet und das habe ich dann echt vermisst, als ich hier war, weil ich das nicht mehr so richtig machen konnte. Und während ich in der Uni noch war, während dem Auslandssemester, habe ich dann noch im Studenten-Radio dort mitgearbeitet. Aber halt natürlich mit dem Akzent und so ist dann ein bisschen schwierig in einem Land, wo man nicht Muttersprachler ist, vor allem im Radio. Aber dann danach habe ich ja dann was ganz anderes gemacht und da dann nicht mehr mitgearbeitet. Und dann habe ich das echt vermisst. Also vor allem eigentlich Audioproduktion. Und dann habe ich mich aber auch immer wieder gefunden, dass ich immer wieder über die gleichen Themen geredet hab. Amerikaner haben eigentlich immer, wenn sie mich kennengelernt haben und gelernt haben oder herausgefunden haben, dass ich Deutsche bin, haben sie eigentlich immer wieder die gleichen Fragen gestellt. Und am Anfang ist es zwar immer super cool, aber irgendwann wird es auch anstrengend und langweilig schon fast, dass man sagt, ja, okay, jetzt kommt wieder die gleiche Leier.
Sprecher 1 (13:36)
Was waren das für Fragen? Das wäre jetzt mal interessant zu wissen.
Sprecher 2 (13:40)
Also oft, wie es mir gefällt, was die größten Unterschiede sind, die ich schon bemerkt habe, dann halt auch oft so Fragen, die so spezifisch für die Region hier sind. Also zum Beispiel es gibt so ein Gericht Skyline Chili oder Cincinnati Style Chili, was halt die Leute hier lieben und dann wirst du gleich natürlich gefragt „Hast du’s schon probiert? Wie findest du’s?“ Oder dann auch ganz viel hier, wie deutsch sich die Stadt anfühlt oder also Fragen zur deutschen Kultur, weil Cincinnati und Ohio allgemein, aber vor allem Cincinnati hat sehr, sehr viel deutsche Geschichte. Also mehr als die Hälfte aller Leute hier haben deutsche Vorfahren und richtig, richtig viele Leute haben auch deutsche Nachnamen. Also in den meisten Fällen liegt es halt schon ein paar Generationen zurück. Also die meisten können jetzt kein Deutsch mehr sprechen oder so, sondern es waren dann die Urgroßeltern. Aber teilweise waren es auch nur, in Anführungszeichen die Großeltern, die halt rübergekommen sind. Selbst dann können die Leute zwar meistens kein Deutsch mehr sprechen, aber dann haben sie halt irgendwie einen deutschen Nachnamen oder wissen noch, wo die Vorfahren herkommen. Und dann sagen sie „Na, voll cool ich bin auch deutsch“. Also das ist dann so oft eine Antwort gewesen, wo es dann halt oft hieß „I’m from Germany.“ Und dann so „Ah cool, I’m German, too.“, wo ich mir dann immer dachte „Ah, okay, ja, wo kommst du denn her?“ Und dann so „Ja, meine Urgroßeltern kommen da und da her.“ Aber das ist bei den Amerikanern so, dass die sich so sehr mit ihrer Herkunft, mit der ursprünglichen Herkunft identifizieren oft und auch oft sagen „Ja, ich bin irisch oder ich bin Ire“, obwohl es halt vor 200 Jahren war, dass ihre Vor… Also die meisten weißen Menschen in den USA kommen ja nicht ursprünglich von diesem Kontinent, obwohl man dann natürlich als Europäer auch denkt, es ist ein bisschen seltsam, nach so langer Zeit sich dann immer noch als Deutscher zu bezeichnen, auch obwohl man halt noch nie da war, die Sprache nicht spricht, keinen wirklichen Bezug dazu hat. Aber das ist dann auf jeden Fall ein Thema, was oft angesprochen wird und dann wird halt oft gefragt „Fühlt sich das hier deutsch an?“. Es gibt auch hier ein Oktoberfest, also einfach so ein Straßenfest, was halt einmal im Jahr stattfindet, was so als eines der größten Oktoberfeste außerhalb von München bezeichnet wird, was für mich am Anfang super seltsam war, weil ich komme ja aus München. Und das ist so, also die Wiesen, sagen wir in München, das Oktoberfest, das ist halt einfach ein Event, das ist ja kein Franchise. Also für uns zumindest nicht.
Sprecher 1 (15:59)
Ich glaube, da hast du auch ein YouTube-Video drüber gemacht. Es gibt nicht… Das ist nicht eins der besten Oktoberfeste oder so, sondern es gibt nur das eine und es gibt nicht verschiedene. Ja, ich kann verstehen, wie du das meinst.
Sprecher 2 (16:12)
Das ist irgendwie so seltsam, weil das Oktoberfest ist halt einfach ein Volksfest von vielen, vielen Volksfesten, die es in Süddeutschland oder in ganz Deutschland gibt. Und ja, deswegen ist das so ein bisschen komisch, weil die Leute dann auch oft fragen, ja, wie kann man es gut vergleichen oder wie ist unser Oktoberfest so? Also ich verstehe, wenn man zum Beispiel fragt, wie ist unsere Faschingsfeier? Weil das ist ja zum Beispiel wirklich was, das gibt es auf der ganzen Welt, das kann man vielleicht vergleichen. Aber so was, was halt eigentlich ein lokales Event ist, das kannst du halt nicht vergleichen. Darauf habe ich einfach keine Antwort meistens. Ich kann da nur sagen, ja, du kannst es nicht vergleichen. Es ist halt einfach hier ein Straßenfest mit bayerischem Motto. Oder deutschem Motto. Ja, teilweise gibt es dann auch irgendwelche, ’nen Warsteiner-Stand oder halt auch irgendwelche nicht bayerischen Biere. Aber es hat mit dem eigentlichen Oktoberfest oder auch mit bayerischen Volksfesten allgemein halt nichts zu tun. Sie versuchen halt so ein bisschen, sie haben dann auch so eine Blaskapelle da, die dann halt irgendwie so die Lieder versucht zu spielen, obwohl die selber dann gar kein Deutsch sprechen, das merkst du dann auch. Aber dann singen sie halt irgendwie so „Ein Prosit“ oder so „Zickizacke, Zickizacke, Heu, Heu, Heu“. Aber sie sagen halt „Siggesagge, Siggesagge“. Und ja, sie versuchen es echt, aber es hat natürlich mit der Heimat gar nichts zu tun eigentlich.
Sprecher 1 (17:29)
Das schon interessant. Aber was würdest du sagen, also woher… Ich meine, du hast jetzt die Herkunft der Leute in der Region erwähnt, dass sie über viele Generationen irgendwie noch Wurzeln in Deutschland haben oder hatten. Aber hast du vielleicht selbst schon so’ne Erklärung gefunden dafür, dass das Interesse generell an deinem YouTube Kanal eben auch so groß ist? Weil du hast ja nun wirklich sehr, sehr viele Follower. Das muss ja irgendwie auch bedeuten, dass generell einfach ein großes Interesse an Deutschland in den USA besteht. Weißt du, wo da der Grund liegt?
Sprecher 2 (18:04)
Ja also ich bin so ein bisschen abgestorben vorher. Lass mich nur mal ganz kurz zurückgehen. Also genau das war dann eben der eine Grund, dass die Leute mir immer die gleichen Fragen gestellt haben. Und da habe ich mir dann eben gedacht, also um jetzt auf diese Frage zu antworten, da ist wohl Interesse da, also erstmal an der Art und Weise, wie fremde Leute oder jetzt spezifisch ich als Deutsche deren Land und deren Kultur wahrnehmen. Was interessant war damals war, dass ich auch zu dem Zeitpunkt ganz viele Kanäle geschaut hatte von Amerikanern, die in Deutschland wohnen. Und ich fand es super interessant, als Deutsche zu sehen, wie die unser Land wahrnehmen und unsere Kultur, was die da cool fanden und wie begeistert die vom Pfandsystem waren und so Sachen, über die man sich ja selber nie Gedanken gemacht hat. Deswegen ja, da habe ich schon gemerkt, das Interesse ist da und deswegen habe ich dann auch letztendlich den YouTube-Kanal auf Englisch gemacht, weil ich dann von Anfang an mir gedacht habe, ich glaube, dass ich es eben… Also klar könnte ich das auch für meine deutschen Freunde und Leute in der Heimat irgendwie dokumentieren, was meine Erfahrungen hier sind. Aber ich habe mir gedacht, ich glaube, es ist viel interessanter für die Leute, die hier wohnen, wie ich als Außenstehende deren Kultur wahrnehme. Genau. Warum ist das so? Also viele Amerikaner haben eben wirklich, also das ist die, jetzt will ich gerade nichts falsches sagen, was Statistik angeht, aber entweder die häufigste oder zweithäufigste, also ja, Herkunft, das zweithäufigste Herkunftsland unter Amerikanern oder häufigste nämlich sogar, glaub ich.
Sprecher 1 (19:29)
Okay, krass.
Sprecher 2 (19:29)
Ja, also ganz weit oben. Und da kommt es natürlich dann teilweise her, weil die Leute das halt einfach wissen und vor allem auch mit diesen ganzen DNA-Tests. Also entweder wussten sie es eh schon immer, dass sie halt deutsche Wurzeln haben, aber jetzt gibt es ja auch diesen ganzen Trend in den letzten Jahren, dass man eben seine DNA analysieren lässt und dann schaut man, wie viel Prozent man aus welchem Land hat und dann steht halt bei vielen Leuten 50 Prozent Deutsch oder so da. Also ich glaube, damit hat es viel zu tun, aber natürlich auch irgendwie mit der deutschamerikanischen Freundschaft und auch der Geschichte. Also es gab natürlich auch wahnsinnig viele Amerikaner, die halt im Militär waren oder auch noch sind und in Deutschland stationiert waren oder sind. Also es gibt ja auch immer noch amerikanische Soldaten in Deutschland. Und gleichzeitig auch irgendwie eventuell durch das Oktoberfest und so weiter und Fußball und Autos und so ein paar andere Themen hat Deutschland auch irgendwie echt ’nen guten Ruf in den USA. Also wenn man jetzt mal von dem Nazi-Klischee absieht und von vielleicht, dass Deutsche uncool sind, das glauben schon auch viele Leute.
Sprecher 1 (20:34)
Dass Deutsche uncool sind glauben sie, ja?
Sprecher 2 (20:36)
Ja, also ich glaube, die meisten Leute sagen jetzt nicht irgendwie so, die Deutschen haben den coolsten Kleidungsstil oder irgendwie sowas oder haben die coolsten Rapper oder sowas jetzt. Aber trotzdem finden die Leute, wenn man jetzt sagt, ich komme aus Deutschland, dann höre ich meistens so „Oh mein Gott, das ist ja so cool! Erzähl mal, ich will auch unbedingt mal dahin.“ also ja, die meisten Leute verbinden dann eigentlich schon eben Fußball, Autos, Bier, Feiern, Autobahn auch, also schnell Autofahren und halt auch schöne Landschaften und schöne Fotos, die sie halt gesehen haben aus diesen kleinen… Also deutsche Fachwerkhäuser und kleine deutsche Dörfer, Berge. Die meisten verbinden halt natürlich Deutschland eher mit Bayern.
Sprecher 1 (21:18)
Ja, genau. Das ist ja überall so. Genau, okay. Aber jetzt, wo du das alles auch erwähnst, dass die Amerikaner auch eine gewisse Vorstellung von Deutschland haben und von den Menschen hier, hast du dann selbst auch mit diesen Vorurteilen manchmal zu kämpfen, wenn so Grundannahmen über dich einfach existieren, bevor die Leute dich schon wirklich kennen, die vielleicht gar nicht stimmen, weil du gar nicht so bist, wie es in ihren Köpfen eben ist?
Sprecher 2 (21:45)
Würde ich sagen, nee. Also ich glaube, ich war eher positiv überrascht, dass es nicht so ist und ich hatte nie erwartet, dass Leute eben so positiv darauf reagieren, dass ich aus Deutschland komme. Weil man sich ja selbst als Deutscher jetzt nicht unbedingt als die coolste Nation auch wahrnimmt. Also wenn man jetzt an Deutsche im Urlaub denkt, dann sind die deutschen Touristen ja eigentlich immer die Uncoolen mit Socken und Sandalen im schlimmsten Fall. Die Leute, die um sechs in der Früh aufstehen und das Handtuch auf die Liege legen. Die Leute, die halt Funktionskleidung anhaben und den Deuter-Rucksack und die Jack-Wolfskin-Jacke. Also ja, deswegen hatte ich das natürlich selbst nie so wahrgenommen, dass das jetzt cool ist, dass ich aus Deutschland bin, sondern eher so „Ja, ich bin nur aus Deutschland, ich bin jetzt nicht irgendwie aus irgendeinem wirklich interessanten Land“, aber das sehen die Amerikaner ganz anders. Und deswegen war das eher fast das Gegenteil für mich. Also dass ich eher positiv überrascht war, dass die eher positive Vorurteile, sag ich jetzt mal, hatten von mir und dann auch oft beeindruckt waren, dass ich so gut Englisch spreche, was bei den meisten Deutschen der Fall ist, aber da sind die dann meistens so „Oh mein Gott, du sprichst ja fließend Englisch, das ja cool“, weil in den USA ist halt auch Sprachunterricht meistens nicht so gut. Und viele Leute sagen dann ja, sie sprechen Spanisch, sie können aber halt gerade mal irgendwie im Restaurant ihr Essen bestellen auf Spanisch. Und das ist dann so oft das Level, was sie dann erwarten. Und wenn ich dann irgendwie sage „Ja, ja, ich sprech Englisch“ und dann kann ich so’ne richtige Unterhaltung führen, also damals halt auch schon, wie wir natürlich alle können in Deutschland, weil wir alle in der Schule Englisch gelernt haben, dann sind die ganz, ganz beeindruckt meistens.
Sprecher 1 (23:21)
Okay, sehr gut. Ich würde mal umgekehrt einfach fragen, weil mich das gerade so auch interessiert: wir haben ja natürlich auch Klischees über die USA. Hattest du vielleicht… Ja, du hattest ja vielleicht auch Vorurteile, bevor du dorthin gekommen bist. Hat sich davon was bestätigt? Oder gibt es Dinge, die wir in Deutschland annehmen von den USA? Beispielsweise die Menschen dort haben alle eine Waffe im Schlafzimmerschrank oder sowas. Das sind ja so Klischees, die sich hier immer noch halten. Haben sich da vielleicht irgendwelche Dinge bestätigt für dich jetzt in den Jahren, in denen du dort wohnst?
Sprecher 2 (23:57)
Ja, also ich würde fast sagen, es haben sich mehr Sachen bestätigt als nicht bestätigt. Also manche Sachen, zum Beispiel, dass Amerikaner nur oberflächlich sind, das war am Anfang ganz schwierig für mich, weil ich es anstrengend fand manchmal, mich mit Amerikanern zu unterhalten. Und dann kam irgendwann dieser Punkt, wo ich so diesen Aha-Moment hatte, wo ich das besser verstanden habe, dass es einfach Teil der Kultur ist und wie man das zu interpretieren hat. Also das würde ich zum Beispiel sagen, ist so eins der Klischees, die sich für mich nicht bewahrheitet haben, zumindest nicht in einem tieferen Sinne. So auf den ersten Blick wirkt es natürlich erstmal oberflächlich. Aber die meisten anderen Klischees sind irgendwie schon wahr. Also das mit den Waffen, 100 Prozent. Also ich hab zum Beispiel, als ich hierher gekommen bin, nicht gedacht, dass ich damit wirklich in Kontakt kommen würde. Also ich hab halt einfach gedacht, ja, das ist bestimmt einfach nur in den Medien natürlich bisschen präsenter. Das wird jetzt nicht so sein, dass jetzt jeder jeden Tag mit ’ner Waffe rumrennt. Tatsächlich war ich dann hier und in den ersten paar Wochen, gab es dann gleich den ersten Active Shooter Alarm auf dem Campus.
Sprecher 1 (25:04)
Okay, krass.
Sprecher 2 (25:05)
Das gab es dann auch mehrmals, also das ist dann auch nichts, was jetzt irgendwie groß berichtet wird oder so, das ist so ganz normal. Da ist jetzt auch niemand gestorben, Gott sei Dank. Es war halt irgendwie, einer hat halt geschossen auf dem Campus. Ich weiß, also ich glaube es wurde wie gesagt keiner getroffen, halt einfach in die Luft oder hat auf jemanden… Es ist halt meistens dann auch zwischen zwei Leuten, ich glaube in diesem ersten Fall war es zum Beispiel halt irgendwie ein Drogen-Deal oder einer hat Gras vertickt oder so. Und dann kriegst du aber gleich eine SMS, also alle Studenten kriegen eine SMS und eine E Mail. Und wenn du auf dem Campus bist, also war ich zu dem Zeitpunkt nicht, dann kommt halt auch so ein Alarm und so und dann heißt es „shelter in place“, also nicht rausgehen, da bleiben, wo du bist. Und ja, das war dann erstmal ein Schock und das war nicht das einzige Mal während dem Semester. Später, als ich meinen Master gemacht habe an der gleichen Uni, war ich dann auch einmal selber am Campus, als das auch passiert ist und dann da wirklich der Alarm losgegangen ist und ich war dann mit einem anderen amerikanischen Studenten grad, dass wir an so einer Gruppenarbeit gearbeitet haben und wir waren quasi nur zu zweit in so einem Gruppenraum. Und Gott sei Dank war er dabei, weil ich wusste nicht wirklich, wie ich mich verhalten soll in den Momenten. Also ich wusste zwar vielleicht so die Basics, aber ich hatte selber nie so’ne Übung mitgemacht. Also an der Uni gab es jetzt nicht so Active Shooter Drills. Die meisten Leute haben das halt über die High School hinweg schon hunderttausend Mal gemacht, die wissen alle genau, wie sie sich verhalten müssen. Und da war zum Beispiel so, dass wir uns dann da halt verbarrikadiert haben und dann hat jemand an die Tür geklopft. Weil es war schon richtig spät, es war irgendwie schon so kurz vor Mitternacht und dann war das halt der Hausmeister und hat halt an die Tür geklopft und hat halt gemeint, „Ja, ist da noch jemand drin?“, weil er halt irgendwie die Türen abgesperrt hat oder so. Und ich wollte halt direkt antworten und mein amerikanischer Kommilitonen meinte so „Nein, nein, du darfst niemandem antworten!“ Und ich so ah, stimmt, macht voll Sinn. Aber habe ich erstmal gar nicht drüber nachgedacht, weil es natürlich der Schütze sein könnte. Und du darfst einfach mit niemandem reden in so einer Situation. Ja, also wie gesagt, ich hatte leider viele, jetzt nicht unbedingt direkte Erfahrungen, also ich war jetzt noch nie wirklich nebendran, als jetzt eine Schießerei losgegangen ist oder so. Aber es gab dann auch, also mein damaliger Freund zum Beispiel, dessen Mitbewohner wurde, der war Pizzalieferant und der wurde richtig ausgeraubt mit Pistole am Kopf. Also da hat sich einer in sein Pizza-Auto hinten reingesetzt, als er halt gerade zurückkam, also hat die Pizzen ausgeliefert, ist zurückgegangen zum Auto und hat sich in seinen Fahrersitz gesetzt und dann saß halt jemand auf der Rückbank, hat ihm ’ne Pistole an den Kopf gehalten und hat ihn dann gezwungen zum nächsten Geldautomaten zu fahren und alles abzuheben.
Sprecher 1 (27:45)
Wow, okay.
Sprecher 2 (27:45)
Und das war zum Beispiel auch während den ersten paar Monaten. Also es passiert leider so viel. Cincinnati ist auch nicht die sicherste Stadt und man hört auch oft Schüsse und es passiert eigentlich jeden Tag was. Also wenn du in die lokalen Nachrichten reinschaust, das wird halt eh nicht groß berichtet, aber wenn du da reinschaust, dann gibt es jeden Tag mehrere Schießereien, das ist halt meistens zwischen Leuten, die sich kennen. Wenn es dann mal was ist, wo es wirklich öffentlich ist, wo es dann ein Fremder schießt einfach rum, dann wird es meistens schon größer berichtet, aber auch nicht unbedingt jetzt landesweit. Also dann hören die Leute an der Ostküste trotzdem nichts davon, weil es natürlich trotzdem so normal ist. Von daher ja das Klischee, also dass die Leute Waffen im Schrank haben, ja. Ich kenne auch mehr Leute wahrscheinlich mit Waffen als ohne und viele Amerikaner um mich herum sagen auch oft, dass es unvernünftig für mich wäre, dass ich keine hätte. Und ich sage halt, bei mir wird niemals eine Waffe ins Haus kommen. Du kannst sagen, was du willst, das wird niemals passieren.
Sprecher 1 (28:48)
Das ist ja so krass, weil du gerade gesagt hast, es sind ja meistens Leute, die sich untereinander kennen. Also sie tragen dann quasi ihre eigenen Konflikte miteinander aus und nutzen dazu die Waffe und das ist ja eigentlich schon das Hauptargument gegen Waffenbesitz. Ich hatte das Thema letztens auch in einer meiner Coaching-Gruppensitzungen und wir haben darüber diskutiert. Und genau das haben wir dann auch gesagt, wenn keine Waffen da sind, werden Konflikte trotzdem ausgetragen, aber ohne Waffen. Und das ist ja interessant, dass die Amerikaner dann trotzdem diese Einstellung haben, „Bist du verrückt? Wie kannst du ohne Waffe leben?“, so nach dem Motto.
Sprecher 2 (29:21)
Ja, ja. Also ich kenne auch ganz viele von diesen Geschichten. Also zum Beispiel von meinem Freund alleine, der kommt halt auch aus so einer, ja, sage ich mal, das ist wie so ein Mikrokosmos von der amerikanischen Gesellschaft aus so’nem kleineren, ländlicheren Ort in Kentucky, wo eigentlich alle Probleme, die die USA als Land hat, finden da auch im Kleinen statt. Und da gibt es zum Beispiel dann auch Fälle, wo irgendwie von seinen Mitschülern der Vater vom einen hat den Vater vom anderen erschossen, weil irgendwie die Eltern untereinander halt irgendwie ’ne Affäre hatten. Also die Frau von dem einen hatte was mit dem anderen und der hat den erwischt und hat den dann einfach erschossen, also wirklich richtig umgebracht. Und dann hat mein Freund nur erzählt, ja, dann gab es immer in der Schule Schlägereien zwischen den beiden, zwischen den beiden Freunden, die eigentlich befreundet waren mal, aber weil der Vater vom einen den anderen einfach umgebracht hat. Also das sind so Sachen, die sind für uns in Deutschland wirklich, die kennst du nur aus dem Film, das kann man sich gar nicht vorstellen, dass das wirklich passiert, aber es passiert halt wirklich ständig. Also Drogen Deals, ja, Konflikte auch ganz viel innerhalb von Beziehungen und Familien ja auch, dass es dann da Dramen gibt. Vielleicht gehen wir mal wieder zu einem netteren Thema über.
Sprecher 1 (30:29)
Auf jeden Fall. Ich wollte jetzt auch nicht das Waffenthema aufmachen. Man muss natürlich sagen, das sind alles Klischees. Ich nehme an, du fühlst dich trotzdem sicher so? Has ein gutes Leben dort, also…
Sprecher 2 (30:39)
Ja, ja, ich habe ein gutes Leben. Ich fühle mich auf jeden Fall viel weniger sicher als in Deutschland, das auf jeden Fall. Also ich habe am Anfang, ich gehe zum Beispiel gerne spazieren und am Anfang hatte ich auch einen Kurs, der halt, ich war ja im Herbstsemester dort, also es war dann halt so über den Winter, hatte ich dann den Kurs, der halt bis 9 Uhr abends ging. Und da haben mir dann auch meine Mitbewohner damals schon gesagt, „Ja, ja, du darfst nicht dann nach Hause laufen.“ Also wir hatten halt ein Off-Campus-Haus, also mit vier Mitbewohnern, das war fünf Minuten Gehweg vom Campus weg, also direkt da. Und das war auch eher auf der sicheren Seite vom Campus. Also wenn man sich so ein bisschen auskennt, gibt es halt so, ja, die Seite ist vielleicht ein bisschen unsicherer, die Seite ist eigentlich super sicher, da waren so die ganzen Studentenverbindungen und so, diese ganzen reichen Fraternities und Sororities und so. Und dann meinten die halt echt zu mir, ich darf jetzt nicht da fünf Minuten laufen, ich muss mir einen Uber holen. Habe ich natürlich nicht gemacht, ich hab gesagt, „Spinnt ihr?“, so ein Scheiß. Also vor allem da ist auch wirklich auf den Straßen eigentlich nichts passiert. Ich habe mir dann halt zumindest ein Pfefferspray geholt, was ich davor in Deutschland auch nie hatte. Und inzwischen, also das war halt am Anfang hat mich das immer so ein bisschen genervt oder ich hab noch gedacht, „Jetzt habt euch doch nicht so, jetzt seid halt nicht so lächerlich, ich bin schon ein großes, starkes Mädchen, ich kann das schon, ich pass schon auf mich auf.“. Inzwischen habe ich tatsächlich über die Jahre hinweg viel zu viel gehört, dass ich mich jetzt wirklich nicht mehr so traue, nachts jetzt einfach rauszugehen. Also selbst jetzt in meiner Nachbarschaft, wo es eigentlich voll okay ist, habe ich echt jetzt Hemmungen, wenn’s dunkel ist, alleine jetzt rauszugehen und einfach einmal um den Block zu laufen oder so. Was, was mich echt einschränkt ein bisschen.
Sprecher 1 (32:17)
Krass. Das ist ja was, was man vorher, also bevor man in ein anderes Land zieht und sich da niederlässt, hat man sowas natürlich auch nicht auf dem Schirm, denke ich mal. Also deswegen wäre für mich so eine logische Folgefrage jetzt einfach daraus, also vielleicht in Bezug auf das Thema, aber auch allgemein: hat sich dein eigener Blick auf Deutschland eigentlich verändert durch die Erfahrungen, die du jetzt in den USA gemacht hast?
Sprecher 2 (32:45)
Ja, vielleicht sogar eher zum Positiven hin. Also ich war schon immer kritisch Deutschen gegenüber. Also wenn ich irgendwie früher was gesagt habe, so ja, das ist ja voll typisch deutsch, dann war das negativ. Also dann habe ich das nicht positiv wahrgenommen, sondern ich war schon immer so ein bisschen, dass mich die deutsche Mentalität oft gestört hat in vielen Bereichen. Ich bin zwar auch… Ich war immer eine gute Schülerin und so, aber unnötige Regeln haben mich zum Beispiel auch oft gestört. Also so dieses Deutsche, dass man sich an Regeln hält, nur der Regeln willen, fand ich immer komplett lächerlich. Wenn eine Regel keinen Sinn gemacht hat, dann war ich halt immer so die Person, die gesagt hat „Ja, aber macht doch gar keinen Sinn, wenn ich niemandem schade damit, dann lass mich doch einfach so machen, wie ich will“, weil ich hab selber ’nen starken Moralkompass, also deswegen fand ich das dann immer lächerlich. Insofern, sowas bestätigt sich dann natürlich auch viel, wenn man dann im Ausland ist, also dass man dann auch wieder merkt, die Deutschen sind ja echt ganz schön penibel manchmal und lieben ihre unnötigen Regeln und die Bürokratie und sind vielleicht wirklich ein bisschen reserviert und kalt, was ja auch so ein Klischee ist oft. Gleichzeitig hab ich aber auch viele Sachen an Deutschland schätzen gelernt, die ich davor nicht so geschätzt habe. Also zum Beispiel Verlässlichkeit. Einfach bei deutschen Leuten, also bei Freunden und so weiter, aber auch im professionellen Umgang. Also auch alleine jetzt mit, was ich schon schlechte Erfahrungen in den USA gemacht hab mit Buchhaltern oder Steuerberatern, die einfach mir irgendeinen Rat geben, wo ich einmal google und schon merk, das ist irgendein Scheiß, die Person hat sich einfach jetzt gerade irgendwas ausgedacht, die kennt sich gar nicht richtig aus damit. Oder ja, also Handwerker hat man natürlich in Deutschland auch oft Pech. Aber es gibt halt auch einfach hier nicht diese Ausbildungen. Jeder kann halt auch Handwerker einfach sein. Und wenn du dein eigenes Unternehmen aufmachst, dann musst du halt vielleicht einmal so’ne Lizenz dir holen. Das ist aber meistens nichts Kompliziertes, also da musst du vielleicht ein dreiwöchiges Training oder so machen. Selbst als Friseur hast du irgendwie, ich glaube zwei Monate, gehst du in so eine Hair School oder in so’ne Beauty School.
Sprecher 1 (34:52)
Und dann darfst du quasi als Friseur arbeiten?
Sprecher 2 (34:55)
Genau, dann bist du offiziell Friseur, kannst auch deinen eigenen Salon aufmachen und alles. Also halt teilweise da so dieses, ja, dass man halt irgendwie nicht das System hat, auf das man sich verlassen kann in den USA, dass die Leute halt wirklich ausgebildet sind. Wohingegen halt in Deutschland, also erstens einfach von der Umgangsweise her sind Leute oft verlässlicher. Also wenn sie sagen, sie sind um die und die Uhrzeit da, dann sind sie auch da. Wohingegen in den USA sowohl im professionellen Umfeld als auch im persönlichen Umfeld, vor allem in unserer Generation so, kannst du dich nicht drauf verlassen. Also es kann auch sein, dass es wirklich was Wichtiges wäre, wie zum Beispiel: deutsche Freunde, die auch hier gewohnt haben, die sind einmal umgezogen und haben halt mehrere Freunde gefragt, ob sie beim Umzug helfen und haben halt von Anfang an gewusst, ja die Amerikaner tauchen wahrscheinlich eh entweder nicht auf oder dann erst, also wenn der halbe Tag schon rum ist und haben dann halt mich und noch einen anderen deutschen Freund gefragt und haben halt gemeint, „Ja, kommt ihr sicher? Weil dann können wir uns auch darauf verlassen.“ und das war dann auch so. Also die anderen haben dann geschrieben, „Ach, ups, habe ich voll vergessen, dass heute ist. Ja, wie lange seid ihr denn noch da? Dann komme ich irgendwann 17 Uhr vorbei noch.“ Ja, sowas habe ich sehr schätzen gelernt und auch einfach Direktheit und Ehrlichkeit so’n bisschen.
Sprecher 2 (36:07)
Ah ja, siehste. Okay, sehr interessant.
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