Also ich, ich bin unfreundlich, ich bin kalt, ich bin ein Meckerkopp, ich bin verschlossen und ich bin gemein zu anderen, ich bin ein typischer Norddeutscher. Und die Leute in Süddeutschland, die sind eigentlich ganz genauso. Naja, gut, also mein heutiger Podcastgast, Jan von Deutschlandjäger, der sieht das alles ein bisschen anders, würde ich mal sagen. Er reist seit vielen Jahren durch Deutschland und hatte dabei unzählige Begegnungen mit Menschen in Deutschland, also mit den Deutschen, sehr, sehr spannende Begegnungen und er sagt, nicht alle Vorurteile über die Deutschen sind wahr, andererseits sind auch nicht alle falsch. Aber er weiß ganz genau, wie man mit den Deutschen umgehen sollte, wie man sich ihnen gegenüber verhalten sollte, wenn man schnell neue Kontakte knüpfen möchte. Und das ist ein ganz entscheidender Punkt für dich, wenn du sagst, du würdest dich gerne noch ein bisschen besser in Deutschland integrieren.
Herzlich willkommen bei Deutsches Geplapper, ich bin Flemming, Deutschcoach von Natural Fluent German. Dieser Podcast ist für dich, wenn du dein Hörverstehen verbessern, deinen Wortschatz erweitern, das echte Alltagsdeutsch kennenlernen und mehr über Deutschland erfahren möchtest. Die Transkripte zum Mitlesen findest du unter www.naturalfluentgerman.com. Übrigens, Deutsches Geplapper gibt’s auch bei YouTube. Und nun viel Spaß beim Hören.
Flemming:
Moin moin, liebe Deutschlernerin, moin moin, lieber Deutschlerner, schöne Grüße hier aus Rostock. Ja, und ich erwähne natürlich meinen Ort hier, weil es heute wieder um Deutschland geht, ja, deswegen müssen wir hier ganz genau lokalisieren, wo wir sitzen. Ich habe den Deutschlandjäger zu Gast, nämlich Jan, mit dem hatte ich schon mal eine Podcast-Folge zusammen gemacht. Da ging es um, ja, Geheimtipps, Reisetipps in Deutschland. Jan hat einen Reiseblog, wie gesagt, Deutschlandjäger, und ja, ich sage erst mal moin, Jan, schön, dass du wieder den Weg zu uns gefunden hast.
Jan:
Ja, moin, Flemming, danke für die neuerliche Einladung und Grüße aus Stuttgart.
Flemming:
Aus Stuttgart, genau, Südwestdeutschland, wir hatten es beim letzten Mal schon besprochen, ich war noch nie da und habe es mir mal vorgenommen, die Stadt und auch den anliegenden, angrenzenden Schwarzwald mal zu besichtigen. Ja, Jan, heute geht’s weniger um Geheimtipps in Deutschland, es geht weniger um, „Wo sollte ich am besten mal hinfahren?“, beziehungsweise vielleicht doch, wir werden sehen. Wir werden sehen, was sich hier ergibt, ja, vielleicht ist das doch ein Thema. Wir wollen aber heute ein bisschen mehr über deine Begegnungen sprechen, Begegnungen mit Menschen, ja, über die Deutschen, ja. Ja, wir gehen gleich mal rein ins Thema, also ich würde jetzt mal annehmen, du bist schon häufig mit Deutschen in Kontakt gekommen, ja, lass mich das mal, lass mich das mal so platt formulieren. Du hast ja auch in der vergangenen Folge, die wir gemacht haben, in der ersten Folge, die wir gemacht haben, erwähnt, dass du häufig auch Interviews führst mit Menschen, ja, aus verschiedenen Städten, aus verschiedenen Orten in Deutschland. Vielleicht gehen wir darauf mal kurz ein, was sind das für Interviews, für Begegnungen, die du dann hast? Wie kommst du mit den Leuten in Kontakt und worüber redest du mit denen? Ja, genau.
Jan:
Also, da mein Reiseblog ja sozusagen um Urlaub, sich um Urlaub dreht, geht es natürlich bei den meisten Leuten auch vorwiegend um Urlaubstipps natürlich. Das heißt, es ist für mich immer so, die Interviews, die ich führe mit den Leuten an sich, also die Interviews, die man auch auf meinem Blog als Video sehen kann, da geht es nur darum, sozusagen gewisse Ausflugsziele einfach zu zeigen und welche Person dahinter steckt, also dass man nicht einfach nur schreibt, „Hey, tolles Museum“ oder wie auch immer, sondern dass man ein Gesicht dazu hat. Zum Beispiel von, ich nenne sie jetzt mal Tina, keine Ahnung, Tina ist Museumsführerin und zeigt den Gästen auch grundsätzlich so mal das Museum. Also, das ist das, was man nach außen hin sehen kann, ist eigentlich recht oberflächlich, sage ich mal. Aber natürlich im Hintergrund spreche ich natürlich schon auch immer mit den Leuten so, was mögen sie an ihrer Stadt, was mögen sie an ihrer Aufgabe, wo kommen sie her? Also es ist ja selten so, dass Leute irgendwo arbeiten, wo sie dann auch wirklich herkommen, es ist ja alles vermischt, sage ich mal. Aber es ist wirklich immer so und das sehe ich auch bei den Interviews, dass egal, wo du bist und das ist wirklich, sage ich mal, sehr einheitlich und vielleicht auch sehr untypisch deutsch, dass jeder so seine Leidenschaft für sein Thema hat und jeder wirklich für irgendwas mit Leidenschaft auch steht und auch gerne davon erzählt. Also das kann ich schon mal sagen, das ist auf jeden Fall einheitlich so, aber es gibt natürlich auch Unterschiede.
Flemming:
Okay, also würdest du es tatsächlich als untypisch deutsch bezeichnen, dass die Leute jetzt so leidenschaftlich bei ihrer Sache, bei ihrem einen Thema sind? Oder habe ich das jetzt irgendwie falsch verstanden? Also du meinst schon, es geht eher darum, ich bin mit meinem Thema hier beschäftigt im Schwarzwald und dafür brenne ich wirklich und das ist eher so eine Eigenschaft, die uns als deutsches Volk vielleicht nicht so eigen ist.
Jan:
Ja, genau, wollte ich damit sagen. Also ich würde schon sagen, das ist jetzt meine Erfahrung und ich würde mal behaupten, dass das auch die Erfahrung ist von Leuten, die nicht aus Deutschland kommen, die vielleicht hier studieren oder die hier arbeiten, also die zum ersten Mal Kontakt mit Deutschen haben und vielleicht auch mit unterschiedlichen Regionen. Ich würde schon sagen, dass wir Deutsche jetzt nicht unbedingt als leidenschaftlich gelten. Also generell natürlich in unserer Art und Weise, wie wir vielleicht mit Freunden sprechen, wie wir mit Fremden sprechen vor allem natürlich auch und wie wir auch mit unseren Dingen, mit unserem Leben würde ich mal so umgehen. Also ich würde schon sagen, dass Leidenschaft jetzt keine typisch deutsche Eigenschaft ist, würde ich schon sagen.
Flemming:
Ja, okay, okay. Ja, jetzt verstehe ich die Aussage so ein bisschen besser auch, glaube ich. Das ist, ich glaube, das ist in der Tat etwas, was einem auffallen kann. Allerdings bin ich mir unsicher, ob das jetzt beispielsweise, ja, ob die Hörerschaft hier das so schon beobachtet hat oder ob das eine Beobachtung ist, wo jetzt Ausländer mitgehen würden, die sich hier vielleicht noch nicht ganz so gut auskennen, die, ja, die Leute vielleicht noch nicht ganz so gut kennengelernt haben. Aber da komme ich auch zu einem wichtigen Punkt und zwar das, was die Ausländer in Deutschland sehen oder was sie dann über Deutsche sagen, inwiefern sich das dann mit dem deckt, was, ja, gerade einheimische Menschen wie du, die sich sehr gut hier auskennen, eben auch über die Deutschen sagen würden. Also wenn wir jetzt von Vorurteilen ausgehen, die Deutschen sind oft verschlossen, sind nicht so freundlich, sind kalt, wie du jetzt auch gesagt hast, leidenschaftslos so ein bisschen. Aber es gibt ja etliche Vorurteile, die jetzt mal, die man relativ schnell beobachtet, wenn man sich hier auch nur ein paar Wochen aufhält, gerade wenn man aus den südlichen Regionen kommt, die fallen einfach auf. Würdest du da nach all den Reisen, nach all den Erfahrungen, die du hier gemacht hast in Deutschland, würdest du bei diesen Hauptvorurteilen über die Deutschen mitgehen? Ist das, wenn man jetzt die Deutschen als, ja, ein Volk betrachtet, von Nord bis Süd, Ost bis West, ist das etwas, was du teilst, diese Meinung?
Jan:
Also ich sage mal so, grundsätzlich kommen ja Vorurteile nicht von ungefähr. Also es ist ja, wie bei allen Vorurteilen im Leben, alle haben ja so einen gewissen Kern und entstehen ja auch, weil viele unterschiedliche Leute selbe Dinge beobachten. Ich würde sagen, wir sind schon ein sehr spezielles Volk, was die Offenheit gegenüber anderen betrifft. Und damit meine ich jetzt nicht gegenüber anderen Nationen auch sicherlich oder Nationalitäten, sondern vorwiegend auch gegenüber unseren eigenen sozusagen. Also es ist, wie gesagt, schwierig jetzt uns als ein Land oder als ein Typus Mensch zu sehen natürlich. Ganz klar, es gibt schon noch auch wirklich so regionale Unterschiede, worauf wir vielleicht noch gleich eingehen, zwischen Nord und Süd und Ost und West, so ein bisschen würde ich schon sagen. Aber diese, wenn man es jetzt mal ganz pauschal und platt sagt, diese typischen Vorurteile, die wir ja kennen und ehrlicherweise, die wir ja auch erleben, wenn wir Deutsche zum Beispiel beim Urlaub im Ausland sehen, ist ja schon ein bisschen dieses Distanzierte, ein bisschen vielleicht dieses Ignorante auch, dieses Emotionslose. Also diese Vorurteile kommen definitiv nicht von irgendwoher, die haben natürlich schon einen gewissen Kern. Daher würde ich im Großen und Ganzen, um es mal ganz pauschal zu sagen, tatsächlich mitgehen, dass wir schon auch ein bisschen freundlicher noch sein könnten, wir Deutschen.
Flemming:
Sehr gut, schön formuliert, schön ausgedrückt. Ein bisschen freundlicher könnten wir auf jeden Fall sein. Aber ja, ich weiß, mir ist sehr wohl bewusst, dass es sehr schwierig ist, Deutschland, 85 Millionen Leute oder wie viel sind wir mittlerweile ungefähr, wirklich in ein Muster zu pressen, beziehungsweise über so viele Menschen das gleiche Vorurteil zu haben. Und das ist einfach sehr schwierig. Wenn wir jetzt aber vielleicht das Ganze so ein bisschen auflockern, da würde ich dir die Aufteilung überlassen, Nord-, Süd-, Ost-, West- oder auch nach Bundesländern. Wo sind denn die Leute, wo entsprechen denn diese Leute eher dem Stereotyp, eher diesem Vorurteil, das viele Ausländer von den Deutschen haben? Und wo wäre es vielleicht für den einen oder anderen überraschend, auf Deutsche zu treffen, weil man das gar nicht so von Deutschen kennt, dass sie so freundlich, so lebensfroh sind?
Flemming:
Also ich würde ehrlicherweise sagen, ich glaube, das ist jetzt vielleicht kein ganz typisch deutsches Problem, aber es ist natürlich schon, also was wir Deutsche als typisch deutsch bezeichnen und ich glaube, was auch andere, also Nicht-Deutsche als typisch deutsch bezeichnen würden, findest du natürlich vorwiegend im ländlichen Raum, ganz klar. Je mehr ich natürlich auch im ländlichen Raum unterwegs bin und je weiter ich, sag ich mal, von einer größeren Stadt unterwegs bin, desto deutscher sozusagen wird einfach auch die Mentalität, die Denkweise, die Offenheit oder Nicht-Offenheit, das muss man schon sagen. Also ich persönlich bin ja schon, würde ich sagen, auch jemand, auch alleine schon durch meinen Blog und dadurch, dass ich mich immer wieder auch auf verschiedene Leute einstellen muss und auch möchte. Ich bin, glaube ich, schon jemand, der offen auf die Leute zugeht und auch einfach, weil ich ja auch was aufsaugen möchte. Ich möchte ja auch Informationen haben, ich möchte ja ein bisschen was erfahren. Aber es ist natürlich schon schwieriger, die Leute auf dem Land an sich, wenn es ländlich ist, sind die Leute schon ein bisschen schwieriger zu knacken. Also man muss schon ein bisschen mehr auch von sich erzählen, man muss auch ein bisschen mehr offener sein, also noch offener sein und dann bekommt man auch ein bisschen was zurück. In der Regel erlebe ich ja Leute nur ganz kurz. Also es sind ja keine Freundschaften, die sich über Wochen bilden oder Monate, sondern meistens sind es dann nur ein paar Tage, in denen ich da bin. Aber man merkt schon, wenn man auch so ein bisschen Eigenes von sich gibt oder hergibt, dann bekommt man auch recht viel. Aber das ist natürlich im ländlichen Raum, würde ich sagen, schon schwieriger. Und klar, es ist keine Überraschung: natürlich, wenn du in der Stadt bist oder in der Großstadt, klar, da knüpfst du schneller Kontakte, weil natürlich alles vielleicht auch ein bisschen unverbindlich ist, weil man aber auch viel mehr Möglichkeiten hat, vielleicht auch jemand anderen zu finden, wenn das nicht so gut war. Also das macht es schon grundsätzlich aus. Wenn wir das Regionale mal betrachten wollen, da ist es immer witzig zu sehen, weil wir Süddeutschen gelten schon immer als sehr reserviert, also sehr reserviert heißt sehr zurückhaltend, sehr distanziert, vielleicht auch ein bisschen verklemmt und vorsichtig erst mal. Und unsere Wahrnehmung oft von den Norddeutschen ist, dass die alle so, die haben immer so ein bisschen freches Geplapper, um mal deinen Titel noch mit reinzubringen, die haben so ein bisschen freches deutsches Geplapper und gelten dadurch auch ein bisschen als offener und fröhlicher, sage ich mal in Anführungsstrichen. Auf der anderen Seite, wenn ich mit norddeutschen Freunden spreche, dann sehen die uns Süddeutsche immer als viel, viel geselliger und viel mehr so typisch bayerisch, wir wollen dann immer so Spaß haben und Bier trinken und so. Also es ist auch immer ein bisschen ein Problem der Wahrnehmung, also man nimmt natürlich andere Leute immer ganz anders wahr als man sich selbst. Aber es ist für mich jetzt, aus meiner Perspektive ist es schon auch so, dass ich die Norddeutschen schon ein bisschen als offener und als ein bisschen zugänglicher wahrnehme als jetzt die Süddeutschen, wenn man mal so ein Klischee aufmachen will.
Flemming:
Das ist mega spannend, Jan, weil genau das, was du gerade gesagt hast, würde ich… wie du gesagt hast, also ihr nehmt die Norddeutschen so wahr, die Norddeutschen nehmen euch im Süden so wahr und ich würde es genauso, also auch umgekehrt beschreiben und ich sage das auch immer wieder, wenn mich Leute in meinem Coaching oder so fragen, wenn wir über die Menschen in Deutschland sprechen, diskutieren, das ist auch das, was ich immer sage und ich sage auch natürlich immer, das ist meine Wahrnehmung, aber ich würde es genauso unterstreichen, die Leute hier im Norden, die sind schwerer zu knacken, die sind wortkarg, die geben nicht so viel von sich preis. Im Süden findest du viel schneller Anschluss, findest du viel schneller Kontakte. Und es gibt so eine interessante Aussage, die ich jetzt mittlerweile schon sehr häufig gehört habe, auch von Leuten, die im Süden gelebt haben, aber aus dem Norden kommen. Und da heißt es, dass du im Süden wirklich schnell viele Freunde findest, aber die hast du quasi nicht fürs Leben. Wenn du im Norden aber ein paar wenige findest, wenn du sie wirklich geknackt hast, dann hast du die ein Leben lang. Das ist so ein bisschen diese, ja also die Annahme, die so einige Leute aus dem Norden dann haben. Dem zugrunde liegt ja einfach so, dass es im Süden alles ein bisschen oberflächlicher abläuft und im Norden ist es schwieriger überhaupt die Leute, ja an die Leute ranzukommen, zu ihnen vorzudringen, aber wenn man das mal geschafft hat, wenn sie sich für dich erwärmen können, dann bleiben sie auch deine Freunde, dann sind sie auch loyal. Keine Ahnung, ich weiß, ich habe nie im Süden gelebt, deswegen sind das nur die Dinge…
Jan:
Und ich nie im Norden.
Flemming:
Aber es ist interessant, es ist interessant, dass schon wir beide eben auch so unterschiedliche Wahrnehmungen in der Hinsicht haben und das speist sich ja auch immer aus dem, was man von anderen hört wiederum.
Jan:
Also was ich auf jeden Fall glaube ich schon auch sagen würde, um vielleicht jetzt auch ein bisschen, sage ich mal, meine süddeutsche Heimat nicht so ganz schlecht zu reden.
Flemming:
Auf keinen Fall.
Jan:
Aber es ist schon so, dass auch zum Beispiel jetzt, wenn wir mal noch ein bisschen Ost-West sehen, also so, ich sag mal jetzt, klassisch Westdeutschland sehen würden, was wir ja so als Begriff eigentlich wenig verwenden, aber sage ich mal, wenn man so die Gegenden im Rheinland, also jetzt zum Beispiel Köln oder Düsseldorf, mag natürlich sein, dass es sehr viel auch daran liegt, dass es eben Städte sind und sehr große Städte und auch sehr, sehr viel Leben und so, aber dort zum Beispiel gelten auch ganz, ganz viele Freundschaften oder Beziehungen oder Verhältnisse, die man so eingeht, auch bei der Arbeit oder so, gelten da zum Beispiel auch als sehr, sehr oberflächlich. Weil viele sagen, du kommst da an ganz, ganz viele Leute schnell ran und hast da schnell ein gutes Netzwerk, aber das ist eben immer nur so an der Oberfläche. Aber auch da kann ich jetzt zum Beispiel…ich habe nie in Köln gelebt, ich weiß nicht, wie es wirklich ist. Ich kenne natürlich ein paar Rheinländer, aber mit denen bin ich natürlich ein bisschen enger, deswegen kann ich da nicht sagen, dass das so oberflächlich ist. Aber ich glaube, wenn man jetzt auch als Zuhörer oder Zuhörerin gerne irgendwo hin möchte, wo man schnell viele Kontakte pflegen kann oder finden kann, ich glaube, dann würde ich tatsächlich Köln oder Düsseldorf als nächsten Wohnort empfehlen.
Flemming:
Ja, sehr gut. Es ist natürlich schwierig. Auch das hängt natürlich wieder davon ab, wo kommt die Person her, was ist die so gewohnt, welchen Umgang. Also da haben wir nicht nur ein Nord-Süd-Gefälle oder nicht nur einen großen Unterschied zwischen Nord und Süd, sondern eben auch zwischen Ost und West. Ja, die ehemalige DDR ist auch was ganz anderes wieder, als wenn du irgendwo im Ruhrpott unterwegs bist. Hast du da schon irgendwie für dich Unterschiede ausmachen können? Wie hast du das erlebt bisher?
Jan:
Ja, also ich muss zum einen sagen, was man oder was jetzt vielleicht auch viele Zuhörerinnen und Zuhörer oder Zuschauer von dir bemerken, ist natürlich auch politisch schnell recht viel Ost-West-Gefälle, nennen wir es mal so. Also diese Unterschiede zwischen Ost und West sind leider nicht nur für Leute, die nicht aus Deutschland kommen, schon immer noch sehr, sehr präsent. Also selbst für uns Deutsche wird ja immer noch so eine Mauer aufrecht erhalten, so in vielerlei Hinsicht. Ob es jetzt politisch ist oder wie auch immer, ich weiß es nicht. Ich persönlich sehe es nicht so. Für mich sind die Leute im Osten schon sehr offen, muss ich sagen, also sehr, sehr offen. Weil die einfach… Ja, also das ist auch ein bisschen eine andere Mentalität. Die achten jetzt auch nicht so, oder wie soll ich sagen, denen ist jetzt nicht so wichtig vielleicht, wie sie rüberkommen oder was sie jetzt, dass sie vielleicht etwas Falsches sagen könnten. Das ist eher vielleicht so ein bisschen, sage ich mal, eine süddeutsche Mentalität. So lieber mal überlegen und nachdenken und dann erst was sagen. In Ostdeutschland gefühltermaßen ist es vielleicht eher erst mal was sagen, einfach mal machen, was ich persönlich immer ganz sympathisch finde. Aber ich finde generell ist es Ostdeutschland super schwierig jetzt, sage ich mal, in eine Blase, in eine Bubble zu bringen, weil sich da einfach auch super viel verändert hat die letzten Jahre. Du hast es angesprochen, Stichwort DDR. Ich glaube, jeder deiner Zuschauerinnen und Zuschauer, wenn sie sich mal anschauen, was das überhaupt bedeutet hat, also auch für das Land und was es für politisches System war und so weiter. Das ist ja kurios, dass es eigentlich noch gar nicht so lange her ist und wir ja damit aufgewachsen sind eigentlich. Aber da hat sich ja super viel getan. Wie wir auch in der letzten Folge ja mal angesprochen hatten, solche Städte wie Leipzig, Dresden, Erfurt, Berlin sowieso. Das ist ja alles lebendig. Da gibt es jetzt nicht typisch Ost oder typisch West, sondern da finden einfach alle Leute zusammen, weil sie dort studieren, weil sie dort einen Job haben oder weil sie dorthin wollen. Demnach leben die auch dann da so. Deswegen muss man sagen, ist es – meine Wahrnehmung wieder, meine subjektive Wahrnehmung – im Osten zum Beispiel auch noch viel, viel krasser, auch jetzt ein bisschen wieder, was die politische Wahrnehmung betrifft, viel, viel krasser, weil sich sehr viel, sage ich mal, sehr viel Offenheit oft in diesen Städten konzentriert. Also so wie gesagt Dresden, Leipzig, wie auch immer. Aber dann ab dem Stadtrand aus, sobald man einen Kilometer rausfährt, ist es dann halt wirklich nicht mehr so. Das ist dann halt genauso, was man halt auch immer ein bisschen so als Klischee von Ostdeutschland so mitbekommt. Das ist natürlich jetzt hier weniger so. Das erlebe ich jetzt auch nicht in Norddeutschland oder Westdeutschland, dass das so extrem ist, sage ich mal, was auch dieses Politische betrifft. Aber ja, ich glaube grundsätzlich muss man, wenn man sich auch von der Stadt oder einer Gegend entscheidet, egal jetzt ob für Urlaub oder Wohnort oder wer auch immer, das muss die eigenen Bedürfnisse und den eigenen Interessen entsprechen, sage ich mal, oder natürlich dem Arbeitsplatz, je nachdem. Und ich glaube, dann wirst du auch vor Ort glücklich. Dann spielt es auch keine Rolle, ob es jetzt in Ostdeutschland oder Westdeutschland ist oder whatever, weil dann findest du auch Gleichgesinnte und dann findest du auch Leute, mit denen du einfach auch wieder noch besser Deutsch lernen kannst oder noch besser Ostdeutsch lernen kannst oder ein paar süddeutsche Begriffe. Also das findet sich dann.
Flemming:
Ja, genau. Ja, sehr gut. Ostdeutsch lernen, finde ich gut. Ja, sollte ich denn jetzt, das ist jetzt so eine Frage, sollte ich denn jetzt mit den Menschen in Leipzig anders umgehen als mit den Menschen in München oder Stuttgart oder in Hamburg oder auf dem Dorf? Also die Herangehensweise, das wäre jetzt noch mal so eine spannende Frage, wahrscheinlich für viele Leute, die jetzt aus dem Ausland kommen, wie verhalte ich mich jetzt eigentlich am besten? Also wir haben jetzt festgestellt in diesen zwei Folgen, die wir gemacht haben über Deutschland, die Leute sind…man kann die Deutschen nicht als einen Komplex betrachten, der in sich monoton ist, sondern es ist sehr, sehr vielfältig. Die Menschen sind sehr unterschiedlich, je nachdem, wo du bist. Und wie gehe ich damit um? Wie trete ich an die Leute am besten heran? Bin ich am besten möglichst offen, möglichst spontan, möglichst herzlich? Oder passe ich mich dann jeweils an und bin dann, je nachdem, wo ich bin, vielleicht auch ein bisschen zurückhaltender? Was wäre dein Tipp?
Jan:
Also meine Erfahrung jetzt auch im Umgang mit so vielen unterschiedlichen Leuten aus so vielen Regionen, mit so unterschiedlichen Hintergründen und Herkünften und wie auch immer. Also ich kann nur sagen, und ehrlicherweise gilt dieser Tipp eigentlich auch für uns Deutsche und nicht nur für Nicht-Deutsche. Es ist aber schon so, du musst glaube ich auf Deutsche generell mehr zugehen. Du musst mehr dich öffnen. Also wenn du dir vorstellst, ich habe jetzt eine gewisse Art und Weise, mit der ich auf Menschen zugehen möchte, so deine eigene Art und Weise, dann musst du diese Weise vielleicht verdoppeln oder verdreifachen und dann damit rausgehen. Und weil dann merkst du auch, dann bekommst du auch ein bisschen was zurück. Wenn du quasi nur einfach auf die Leute zugehst, dann bekommst du vielleicht nur die Hälfte oder ein Viertel oder gar nichts zurück. Wenn du aber so ein bisschen, ich sage mal, mit ein bisschen mehr, so zwei- oder dreifacher Energie, so würde ich es mal sagen, auf die Leute zugehst und dich auch wirklich für ihre Sachen interessierst, dann bekommst du auch was zurück. Dann bekommst du auch was zurück. Und es ist natürlich schon so klar, der Unterschied ist da, keine Frage. Also die Bayern gelten ja generell als traditioneller. Das heißt, die wirst du natürlich auch eher mit so einer Tradition, mit ihrer eigenen Tradition natürlich packen. Wenn du jetzt in einer Großstadt bist, egal wo, Hamburg, Leipzig, Köln spielt jetzt keine Rolle, dann triffst du die Leute vielleicht eher mit einem Interesse. Also wirklich nur so, was gefällt dir an der Stadt oder so. Also gar nicht so sehr jetzt von der Herkunft oder von dem Background, sondern wirklich von dem, was machst du hier so oder was gefällt dir hier an der Stadt? Und mann muss…mein wirklich ultimativer Tipp ist immer Fragen stellen. Fragen, Fragen, Fragen stellen, weil wir Deutschen, jetzt mal wieder ganz pauschal und platt gesagt, wir kommen nicht einfach so aus uns heraus. Aber wenn wir gefragt werden, dann sind wir ein bisschen gezwungen, aus uns herauszukommen. Und dann bekommst du auch was zurück und dann kommst du auch in so einen Flow, dann kommst du auch ein bisschen in so ein Gespräch. Also ich kann wie gesagt, nur jedem sagen, auch wenn man als Person ohnehin vielleicht schon freundlich ist und offen ist, nicht davon abhalten, wie die Deutschen reagieren, nicht von irgendeinem Gesichtsausdruck oder von einer mürrischen Miene oder so einer Gesichtsmine sich aufhalten lassen, sondern einfach weitermachen, noch eine Schippe normale authentische Freundlichkeit und Interesse ein bisschen mehr drauflegen und dann bekommst du auch, glaube ich, in der Summe wesentlich mehr zurück, als du vielleicht dann eigentlich haben wolltest.
Flemming:
Genau, als du haben wolltest, das ist gut. Ja, sehr guter Tipp, sehr guter Hinweis. Leute, lasst euch nicht entmutigen, auch wenn es am Anfang manchmal ein bisschen komisch ist, wenn wir manchmal ein bisschen Schwierigkeiten haben, uns zu öffnen. Genau, dann, wie Jan gesagt hat, einfach eine Schippe mehr draufpacken oder einfach ein bisschen mehr von dem, was man eigentlich, was die eigene Persönlichkeit vielleicht eigentlich hergibt. Ja, Fragen stellen, natürlich offen bleiben auch und nicht alles überbewerten oder ich glaube auch nicht alles persönlich nehmen. Das ist auch so ein Ding.
Jan:
Absolut.
Flemming:
Vielleicht gerade auf der Arbeit oder so die ein oder andere Bemerkung, die ist dann vielleicht, ja, solange es nicht beleidigend ist, ist dann vielleicht auch gar nicht böse gemeint. Das sind einfach wir.
Jan:
Ja, ist so, ja. Genau.
Flemming:
Jan, mega interessant, mega spannend. Ich denke, da könnte man noch viel, viel darüber reden, aber wir brechen oder wir beenden es an dieser Stelle. Aber ich bin mir sicher, da ist auch noch Potenzial für weitere Folgen. Sehr schön, ja. Beispielsweise zum Thema Dialekte, auch das ist immer wieder ein Thema, was die Leute interessiert. Vielleicht können wir darüber an einer Stelle auch mal ein bisschen reden. Ansonsten, Leute, Jan hat einen mega interessanten Blog, nämlich deutschlandjäger.de, oder?
Jan:
Richtig.
Flemming:
De, genau.
Jan:
Wäre sinnvoll, ja.
Flemming:
Wäre sinnvoll, stimmt, ja. Geht da mal rauf, schaut euch das an. Ist im Übrigen auch super, um Deutsch zu lernen. Also, wenn euch das Thema ein bisschen interessiert, wenn euch das Thema Reisen interessiert oder die deutsche Kultur, die deutsche Gesellschaft, Menschen, Orte, lest euch einfach mal ein paar Blogartikel von Jan durch. Das ist definitiv eine Sache, wo ihr bestimmt auch einiges an neuem Vokabular kennenlernen könnt und, ja, so ein bisschen, was ihr mit eurer Lernroutine verbinden könnt. Und ihr erfahrt nebenbei ganz interessante, sehr interessante Sachen über Deutschland und die Menschen hierzulande. Jan, ich sage, vielen Dank für die zweite Folge mit dir, ja, und für ein interessantes Gespräch.
Jan:
Ich habe zu danken. Vielen Dank.
Flemming:
Dann wünsche ich dir weiterhin viel Spaß auf deinen Deutschlandreisen und, ja, wir hören und sehen uns bald wieder, denke ich. Sehr gut. Gut, Leute. Und ansonsten liked den Podcast, liked Deutsches Geplapper, gebt mir eine Bewertung, kommentiert gerne hier auch eure Erfahrungen mit den Deutschen. Also schreibt bei YouTube gerne ein paar Kommentare und sagt, wie ihr mit den Deutschen bisher so zurechtgekommen seid, was ihr für Erfahrungen gemacht habt. Teilt das gerne hier in der Gruppe. Das hilft auch wieder anderen Leuten, anderen Ausländern, die in Deutschland wohnen oder wohnen wollen, vielleicht sich so ein bisschen darauf einzustellen und zu sehen, man ist nicht alleine mit den Erfahrungen, die man macht. Ja, so mehr oder weniger die gleichen Dinge erlebt jeder, der sich in Deutschland niederlässt und hier wohnen möchte. Deswegen schreibt da gerne ein paar Kommentare, lasst uns kommentieren und ansonsten, ja, folgt Deutsches Geplapper und, ja, wir hören und sehen uns hoffentlich nächste Woche wieder. Ich freue mich bis dahin. Habt eine schöne Zeit, bleibt gesund und genießt Deutschland. Macht’s gut, Leute. Ciao.
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