#69 – Die größten Fehler beim Deutschlernen – mit David von Linguathor

Flemming:
Ja, moin an alle! Schön, dass ihr wieder da seid bei Deutsches Geplapper und auch moin an dich, David. Hi!

David:
Moin, Flemming! 

Flemming:
Schön, dass du wieder da bist. Es ist gar nicht so lange her, dass wir zuletzt hier gesprochen haben. Da ging es um das Polyglot Gathering. War eine interessante Folge auf jeden Fall. Und heute, wie in der Einleitung gerade schon angekündigt, geht es um große Fehler beim Sprachenlernen. Oder um die typischsten Fehler. Und du, David, als jemand, der, ich glaube, zehn Sprachen auf verschiedenen Niveaus sprechen kann, du kannst bestimmt auch auf einige, ich sag mal, Fehler im Laufe deiner Sprachlernkarriere zurückblicken, oder?

David:
Auf jeden Fall.

Flemming:
Einige Fehler, die du gemacht hast?

David:
Auch sehr viele, tatsächlich. Jeder macht Fehler. Ich habe besonders viele gemacht. Aber ich sage ja immer, „fail fast“. Das heißt, mach so viele Fehler wie möglich, so schnell wie möglich, damit du daraus lernen kannst.

Flemming:
Genau. Sehr, sehr gut. Gefällt mir. Und genau, wir wollen heute einfach mal uns so ein bisschen gegenseitig die Bälle zuspielen. Das heißt, jeder von uns hat jetzt so ein paar Dinge im Kopf, einfach zu typischen Fehlern, die wir ja irgendwie aus eigener Erfahrung und aus eigenen Beobachtungen als Sprachcoaches ja eben auch benennen können. Also Fehler, die man selbst gemacht hat, Fehler, die man bei anderen Sprachenlernenden beobachtet hat, die dann ja eben leider nicht zum Erfolg geführt haben oder nicht so schnell, wie es eben hätte sein können. Wichtig ist natürlich auch zu erwähnen, dass wir ja, dass es wie gesagt subjektive Erfahrungen und Beobachtungen sind. Also das ist nicht für jeden gleichermaßen gültig. Also alles, was wir jetzt hier besprechen und sagen, das muss nicht heißen, dass es für dich hier da draußen, lieber Hörer, liebe Hörerin, genauso gilt und dass du diese Fehler auch unbedingt vermeiden solltest, weil vielleicht funktionieren einige Sachen für dich, die für andere eben nicht funktionieren. Kann man das so sagen, David?

David:
Auf jeden Fall, ja. Das ist alles, was wir hier präsentieren, ist rein subjektiver Natur. Aber wir sind ja beide Coaches, die ja schon sehr viele Jahre dabei sind und mit sehr, sehr vielen Schülern zusammenarbeiten. Und das sind ja eben nicht nur die Fehler, die wir gemacht haben, sondern die, die wir halt bei unseren Schülern beobachten. Also dessen kann man sich sicher sein.

Flemming:
Okay, sehr gut. Also ich würde sagen, ich habe eben gerade schon gesagt, wir spielen uns die Bälle hier gegenseitig zu. Wir nennen jetzt jeder abwechselnd immer einen dieser Fehler und besprechen die dann in der Folge gemeinsam. Und da du hier Gast bist, würde ich dir einfach mal den Vortritt lassen. Wenn du gerne starten möchtest, dann hau mal einen raus.

David:
Hau mal einen raus, ja. Ja, ich glaube, ganz, ganz groß wäre halt das Gedächtnis bzw. das Langzeitgedächtnis. Man merkt es, man sieht es ja immer wieder, dass Menschen sich sehr, sehr viel…dass Sprachlernende sich sehr, sehr viel mit dem Thema Lernen beschäftigen, aber nicht unbedingt mit dem Thema, wie behalte ich denn überhaupt das Wissen, das ich mir jetzt angeeignet habe? Wie behalte ich die Wörter im Kopf, die ich heute gelernt habe? Ob das jetzt im Sprachunterricht war, ob das jetzt irgendwelche Vokabeln, die ich gelernt habe, als ich eine Folge von meiner Lieblingsshow auf YouTube geschaut habe oder auf Netflix, ist ja eigentlich egal. Was muss ich denn eigentlich tun, damit ich diese Sachen nicht vergesse? Es ist eigentlich egal, wie effizient man lernt, wenn man das meiste, was man gelernt hat, vergisst, oder?

Flemming:
Ja, definitiv, da stimme ich absolut zu. Also wir tendieren ja generell auch dazu, möglichst, ich sag mal, mit viel Material zu lernen und viele verschiedene Sachen zu machen und haben dann irgendwie so diese falsche Vorstellung im Kopf: wenn ich mir zehn Filme angucke und noch 15 Bücher lese oder wie auch immer, dann lerne ich ja viel, viel schneller. Aber das Gegenteil ist ja der Fall. Ich sage dann auch immer, lieber Material länger benutzen und langsamer lernen, ist ja falsch ausgedrückt. Also nicht langsamer lernen, sondern lieber länger bei einem gewissen Text oder einem Film oder einem Audio oder so bleiben und das dann häufiger wiederholen, anstatt das Material zu oft zu wechseln. Weil genau, dann passiert das. Du vergisst eigentlich schon, was vorher dran war.

David:
Ja, vielleicht lieber genussvoller als langsamer. 

Flemming:
Definitiv.

David:
Ja, genau. Dem muss ich auf jeden Fall zustimmen. Klar, man kann ja sozusagen eine gewisse natürliche Wiederholung hinbekommen, wenn man sehr viele ähnliche Sachen konsumiert. Also jetzt Filme oder ob das jetzt Artikel sind, Videos, ist egal, die alle mit demselben Thema zu tun haben. Dann gibt es ja eine gewisse Wiederholung. Aber trotzdem lernt man halt ineffizient, wenn man kein System hat. Wie machst du denn das, Flemming?

Flemming:
Ich mache das mit einer Technik, die ich von Luca gelernt habe, Luca Lampariello. Und die finde ich einfach großartig. Ich nutze Notizbücher. Ich habe eine ganze Zeit lang mit Anki gelernt und du wirst mir gleich sagen, dass das auch deine präferierte Methode ist, glaube ich. Aber ich finde es schöner, die haptische Methode zu nutzen. Also etwas in der Hand zu haben, mein Notizbuch immer dabei zu haben. Ich habe dann nämlich immer kleine inhaltliche Einheiten pro Seite. Also wenn ich jetzt beispielsweise einen Text lese, notiere ich im Notizbuch den Namen des Textes, den Inhalt, das Datum, an dem ich den gelesen habe, sodass ich schnell nachvollziehen kann, welches Thema ich hatte, worum es geht, sodass ich quasi eine Sinneinheit für mich habe. Und auf dieser Seite platziere ich dann 10 bis 15 neue Wörter, Redewendungen natürlich immer im Satz oder in der Wortgruppe, nicht isoliert, die Übersetzung dazu, sodass ich immer sehr schnell wieder in der Geschichte drin bin oder in dem Gespräch, das ich meinetwegen auch hatte mit jemandem oder wie auch immer. Sodass ich diese einzelnen Sinneinheiten habe und mein Gehirn das dann, also die Vokabeln, mit einer bestimmten Situation verbindet. Am besten auch mit einer emotionalen Situation, weil mich der Text sehr interessiert hat, weil ich das Gespräch sehr aufregend fand, wie auch immer. Das ist so meine Methode und das funktioniert dann auch meistens sehr gut.

David:
Wie oft wiederholst du das, was du niederschreibst? Hast du da ein System für? Benutzt du das System von Luca oder hast du ein eigenes System?

Flemming:
Ich mache es ja, jein, also ich mache es im Prinzip jeden Tag, dass ich wirklich einige Minuten in meinem Notizbuch herumstöbere, beziehungsweise dass ich dann ein, zwei Seiten mir anschaue und dann aktiv wiederhole. Ich verwende da nicht viel Zeit für. Es geht bei mir darum, ich habe herausgefunden, jeden Tag diese paar Minuten. Und wenn man das dann aber auch konsequent über einen längeren Zeitraum macht, dann ist das einfach schon ein sehr effektives System. Es gibt auch andere Leute, die sagen dann, okay, ich setze mich jetzt am Wochenende hin und wiederhole eine Stunde das, was ich in der Woche gemacht habe, beispielsweise. Funktioniert für jeden anders. Wie ist es bei dir? Wie machst du es?

David:
Du hast es ja schon gesagt, ich benutze Anki. Das ist für mich das Beste, weil es gibt eine gewisse Opportunity Cost, könnte man sagen, wenn man halt Sachen physisch, haptisch niederschreibt selbst. Früher habe ich das gemacht. Ich habe tatsächlich letztens einfach meine ganz alten German Vocabulary Notebooks gefunden, meine Notizbücher mit ganz vielen Fehlern drin, die ich mittlerweile niemals machen würde, aber es war ganz interessant zu sehen. Und ich würde aber auf jeden Fall sagen, dass einmal in der Woche, jedem das Seine, kann auch funktionieren, aber lieber ein bisschen jeden Tag, so wie du das machst. Wenn man halt kein Anki benutzt oder was ähnliches, also kein ähnliches System, dann lieber ein bisschen jeden Tag. Früher habe ich das auch gemacht, zum Beispiel drei kleine Sessions, fünf Minuten lang, im Laufe eines Tages und dafür dann jeden Tag. Es gibt auch die sogenannte Gold Book Method oder Golden List Method, glaube ich.

Flemming:
Gold List, ja. Von Lýdia Machová, meinst du?

David:
Das ist nicht von ihr, sondern sie hat das bekannt gemacht.

Flemming:
Stimmt.

David:
Ja, genau. Aber sie hat auf jeden Fall ein Video zum Thema.

Flemming:
Genau.

David:
Das stimmt.

Flemming:
Auch wirklich sehr interessant. Ich habe das eine Zeit lang versucht. Es ist eben sehr zeitintensiv. Das ist das Problem an dieser Methode, finde ich. Und das war für mich der Grund, warum ich dann damit aufgehört habe und zu anderen Dingen übergegangen bin. Funktioniert aber meines Wissens nach für viele Leute auch sehr, sehr gut. Also wenn euch das interessiert, Gold List Method auf YouTube, da wird man eine ganze Menge finden.

David:
Genau. Hauptsache man hat ein System, richtig?

Flemming:
Genau. System zur Wiederholung. Das Langzeitgedächtig ist unheimlich wichtig.

David:
Unheimlich wichtig, ja.

Flemming:
Sehr gut. Okay.

David:
Okay. Jetzt bist du dran.

Flemming:
Weiter mit dem nächsten Fehler und zwar meiner Meinung nach ist es ein Fehler zu früh anzufangen zu sprechen. Also wir reden jetzt vom Beginn des Sprachenlernens. Zu früh damit anzufangen zu sprechen. Und ich konkretisiere das gleich mal, bevor es hier Missverständnisse gibt. Es geht mir darum, zu früh frei zu sprechen, frei sprechen zu wollen. Und es gibt sehr viele Leute, die sagen, sprich von Anfang an, sprich vom ersten Tag. Das ist das Beste, was du machen kannst, um schnell diese Sprache zu lernen. Und ich bin eigentlich, ja nicht eigentlich, ich bin überhaupt nicht der Meinung. Ich glaube das stimmt einfach nicht oder es funktioniert nicht meiner Ansicht nach, weil du dadurch eben Gefahr läufst, dir Fehler anzugewöhnen oder unnatürliche Sätze zu bilden, weil du ohne viel Input zu haben gleich anfängst zu sprechen und dann natürlich gewisse Muster, Satzstrukturen aus deiner eigenen Sprache in die Zielsprache übernimmst. Und ich glaube, das ist ein großes Problem. Das gilt wie gesagt fürs freie Sprechen. Also wenn du jetzt ein ganz einfaches Beispiel hast, Deutsch, Englisch. Ich gehe einkaufen. Wenn du diesen Satz jetzt bilden würdest und die Vokabeln im Kopf hättest, aber die Satzstruktur dir nicht klar ist, dann würdest du jetzt auf Englisch sagen vielleicht, also „Ich gehe jetzt einkaufen – I go now shopping“. Klingt nicht schön. Ist dann in dem Fall nicht der richtige Satzbau. Und diese Gefahr besteht dann eben, wenn du vom ersten Tag an versuchst zu sprechen. Ich könnte noch ein, zwei Punkte ergänzen, aber ich lasse dich erstmal dazu deine Meinung sagen.

David:
Ja, ich sehe das genau wie du. Und ich finde es toll, dass du das präzisiert hast. Und zwar, dass man eben dieses freie oder zu freie Sprechen vermeiden sollte. Das ist ja auch ein Hauptpfeiler meiner Methode. Dass man sozusagen beim freien Sprechen zunächst einmal geleitet wird. Und zwar vor allem auf grammatikalischer Ebene. Weil, und ich habe diese Fehler auch gemacht am Anfang, das heißt, als ich angefangen habe, Deutsch zu lernen, habe ich natürlich auf Englisch gedacht. Und zwar die ganze Zeit. Und dann bei Nebensätzen, wie zum Beispiel „Ich weiß nicht, ob ich heute einkaufen gehe“, zum Beispiel. Dann habe ich sowas gesagt „Ich weiß nicht, ob ich heute gehe einkaufen“. Wenn überhaupt, wenn nicht noch schlimmer. Genau. Aber wenn, beziehungsweise als ich schon in Deutschland war und vor allem tagtäglich die Sprache gehört habe, tagtäglich Fernsehen geschaut habe, Radio gehört habe, irgendwann habe ich diese Strukturen so oft gehört, dass alles andere, alle Nebensätze, wo das konjugierte Verb eben nicht am Ende, wo es der Fall hätte sein müssen, nicht am Ende vorkam, klangen komisch. Das heißt, beziehungsweise, das klang einfach richtig. Ich habe das zunächst einmal in meinem Kopf gehört und irgendwann habe ich das automatisch richtig gemacht, weil ich das schon so oft richtig erfahren habe, gehört habe, vor allem. Entspricht das auch deiner Erfahrung?

Flemming:
Ja, ja, definitiv. Also das ist eins zu eins genau das, was du sagst. Du musst natürlich in diese Sprache erstmal so richtig reinwachsen, bevor du sie dann wirklich sprechen kannst. Im Prinzip, ich hätte das jetzt als eigenen Punkt noch genannt, aber im Prinzip, weil das gerade so gut passt, das wäre eben noch ein anderer Fehler, den ich häufig sehe, eben den Input zu vernachlässigen und den Output dann voranzustellen. Ich finde, generell sollte der Input zuerst kommen. Am Anfang noch viel mehr. Also, wie du gerade gesagt hast, dass du dann selbst merkst, durch so viele Dinge, die sich wiederholt haben, durch so viele Radiosendungen oder was auch immer man dann im Alltag hört oder Gespräche, die man verfolgt, diesen Input eben hat, verbunden mit unserem Wiederholungssystem natürlich. Aber dann darauf aufbauend auch irgendwann in der Lage ist, die Satzstrukturen so anzuwenden, dass der Output dann eben auch richtig ist und dass man sich eben keine Fehler angewöhnt, dass es dann auch nicht unnatürlich klingt. Bei manchen Leuten merkt man eben einfach, die haben sich diese Fehler auf einem niedrigen Niveau angewöhnt, sind auf einem mittlerweile sehr hohen Niveau, aber die haben jetzt richtig Probleme, diese Fehler zu vermeiden und diese Muttersprache quasi aus der Zielsprache rauszudrücken, sozusagen.

David:
Ja, lustig, dass du das sagst, weil ich habe ja zwei Jahre in Spanien gewohnt, ganz früher, 2007 bis 2009. Und in dem zweiten Jahr, als ich in Santander gelebt habe, habe ich eine aus Estland kennengelernt. Und in Estland guckt man Fernsehen auf Englisch. Das heißt, man wächst so wie die Holländer und die Skandinavier damit auf, dass man Englisch im Fernsehen schaut. Und sie klang wie eine Amerikanerin. Sie war noch nie in den USA gewesen und klang einfach 1A wie eine Frau aus den USA. Aber sie hat einige grundlegende Fehler gemacht und zwar auf mega grundlegendem Niveau. Warum? Weil sie diese Fehler in der Schule gelernt hatte. Die wurden nämlich dazu gezwungen, ehe sie damit angefangen hat, Fernsehen zu schauen, irgendwelche Sachen auswendig zu lernen, wie man das so aus der Schule kennt. Und genau diese Fehler hat sie immer noch gemacht. Ich weiß das, weil ich sie gefragt habe: „Es ist ganz komisch, weil du klingst wie eine Muttersprachlerin, du benutzt auch krass fortgeschrittene Vokabeln, aber du machst diese grundlegenden Fehler. Wo kommt das denn her?“ Und sie meinte, „Wahrscheinlich deswegen, weil wir in der Grundschule dazu gezwungen wurden, ganz am Anfang zu sprechen und bestimmte Sachen auswendig zu lernen, wo unsere Lehrer gar keine Muttersprachler des Englischen waren. Also wurden uns Sachen falsch beigebracht.“ Weißt du, was ich meine?

Flemming:
Ja, genau. Das ist ein perfektes Beispiel, das untermauert diesen Punkt einfach nur noch mehr. Ich würde trotzdem noch mal eine kleine Ausnahme machen. Und zwar, wenn es jetzt gerade um das Erlernen der Aussprache geht, ich finde, da kann man von Anfang an sehr viel tun. Wir haben ja, wie gesagt, über das freie Sprechen geredet. Wenn du jetzt versuchst, einzelne Ausdrücke oder feste Wendungen eben auszusprechen, also du kannst von Anfang an sehr gut in Kontakt mit der Sprache kommen beziehungsweise sehr gut auch diesen Output kreieren, wenn du in diesem Bereich bewegst. Das heißt, diese Aussprache versuchst du dir anzueignen. Also das ist definitiv eine Ausnahme, die man da sehr gut machen kann, oder?

David:
Auf jeden Fall. Was empfiehlst du eigentlich, sagen wir mal prozentual gesehen, Input, Output? Wie viel, wenn man Anfänger ist zum Beispiel, wie viel mehr Input als Output sollte man versuchen zu haben?

Flemming:
Also bis du auf einem gewissen Niveau bist, ich sage mal so fortgeschritten A2, Anfang B1, würde ich sagen, sollte das etwa so 20, 80 sein.

David:
Hätte ich auch gesagt.

Flemming:
Genau, das klingt einfach am plausibelsten für das, was wir jetzt gerade hier besprochen haben. Also es sollte der absolute Großteil Input sein. Ich weiß zum Beispiel Luca Lampariello, der macht es so, der sagt auch wirklich konsequent, das erste halbe Jahr, in dem er eine Sprache lernt, macht er wirklich nur Input-Techniken und kümmert sich im Prinzip gar nicht oder kaum um den Output. Da gibt es andere Theorien beziehungsweise andere Vorgehensweisen. Auch da ist es wieder sehr individuell, aber meiner Erfahrung nach ist das der deutlich bessere Weg.

David:
Ja, es gibt auch Ausnahmen, wie du schon gesagt hast. Wir haben sogar, also ich mit Luca und Richard und ein paar anderen Polyglots letzte Woche in Polen, als ich dort war, haben wir genau dieses Thema besprochen. Es gibt Ausnahmen und zwar, wenn du eine Sprache lernst, die ähnlich ist, die einer ähnlich ist, die du schon kannst. Also zum Beispiel, wenn du schon Spanisch kannst und Italienisch lernst, dann kannst du natürlich früher mit dem freien Ausdruck anfangen. Vor allem, weil die phonetischen Systeme, wenn die phonetischen Systeme sehr ähnlich sind, dann ist das ja in Ordnung. Also das ist ja keine Regel, die immer gilt. Es kommt immer auf deine Situation an, auf deinen sprachlichen Hintergrund an.

Flemming:
Ja, ganz genau. Sehr gute Ergänzung. Okay, gut. Ich würde sagen, David, du bist wieder dran.

David:
Ja, stimmt. Ja, dann würde ich sagen, ja, vor allem, dass man zum Beispiel versucht, die Grammatik zu sehr explizit zu lernen, anstatt durch Input oder dank Input sich die Grammatikstrukturen anzueignen. Also sozusagen auf organische Art und Weise, dass man irgendwann einfach ein Gefühl dafür hat, wie etwas funktioniert, wie eine bestimmte Grammatikstruktur zum Beispiel funktioniert, ohne dass man unbedingt explizit versucht hat, die zu lernen und ohne dass man zum Beispiel tausend Übungen dazu gemacht hat.

Flemming:
Ja, definitiv. Ich glaube, das ist den meisten Hörerinnen und Hörern des Podcasts hier bekannt oder zumindest habe ich es schon oft erwähnt, dass es auch häufig leider immer noch vorkommt, auch wenn sich das Ganze schon so ein bisschen gewandelt hat, aber häufig eben in Schulen auch dieser konservative Weg des Sprachenlehrens immer noch gewählt wird, also dass du sehr viel einfach den Fokus auf die Grammatik legst und wie du gesagt hast, ja, explizit lernst, dass es nicht dann durch die Praxis quasi die Grammatik kommt, sondern versucht wird, das umgekehrt zu erzwingen und ich glaube, das ist definitiv auch der falsche Weg.

David:
Ja, und es ist auch eine Gefahr, sagen wir mal, sogar für Muttersprachler. Also es gibt ja Muttersprachler, die machen bestimmte Fehler, nicht unbedingt, weil sie es nicht besser wissen oder nicht unbedingt, weil sie, sagen wir mal, die richtige Form noch nie gesehen oder gehört haben, sondern weil sie einfach die falsche Form öfter hören. Zum Beispiel, ich höre des Öfteren, vor allem in Niedersachsen, im Hannover-Raum, sagt man, „Nee, das hab ich schon gemacht gehabt“. „Gemacht gehabt“, das ist ja gar kein Deutsch. Also auf jeden Fall kein Standarddeutsch. Oder, ja, „Nee, er wusste nicht, dass er das machen hätte können“, nicht „hätte machen können“. Also das Konjugierte, dass das Hilfsverb halt dazwischen geschoben wird. Beim Doppelinfinitiv und so weiter. Und die sagen das ja nicht deswegen, weil sie dumm sind, sondern weil sie halt in deren Umfeld, weil so gesprochen wird. Und deswegen muss man zusehen, dass man halt gute Vorbilder, gute sprachliche Vorbilder hat. Das ist zum Beispiel sehr, sehr wichtig, dass man dieses Umfeld hat.

Flemming:
Ja, sehr gut. Das fällt mir als jemand, der vom Dorf kommt, eben auch immer wieder auf. Das ist ja einfach so, dass gerade in dörflichen Gegenden dann genau das, was du gerade erwähnt hast, eben häufiger passiert. Und es hat überhaupt nichts damit zu tun, wie du gesagt hast, dass die Leute dumm wären oder so. Sondern es ist einfach, ja, du bewegst dich in dem Umfeld. Du kommst damit auch gut zurecht. Es gibt ja auch keine Probleme. Aber im Prinzip ist es nicht richtig. Und beim Imperativ beobachte ich das dann ganz oft, wenn es dann heißt, „Ess jetzt dein Essen“ oder „Ess jetzt das Brot“ oder sowas.

David:
Ja, ja.

Flemming:
Natürlich heißt es „Iss jetzt dein Brot“, aber gerade da fällt mir das oft auf. Oder „Sprech doch mal lauter“, natürlich heißt es „sprich doch mal lauter“ und solche Sachen.

David:
Ja, ja, genau. Oder was ich letztens gehört habe: „meines Wissens nach“, „meines Wissens“, das ist doppelt gemoppelt. „Meines Wissens“ ist ja schon Genitiv. Und „nach“ wäre dann Dativ. „Meiner Meinung nach“ zum Beispiel ist ja Dativ. Und das heißt, wir haben also auf Englisch übersetzt „according to my opinion“. Aber „meines Wissens“ ist ja schon Genitiv. Also das heißt sozusagen, dass das von meinem Wissen kommt, das wird durch diesen Genitiv schon ausgedrückt. Und dann brauche ich nicht nochmal „nach“ zu sagen. Es kommt aber daher, dass es eben andere Ausdrücke gibt, wie „meiner Meinung nach“. Und dann kombiniert man die beiden. Das höre ich so oft, das kann ich dir gar nicht sagen.

Flemming:
Das stimmt, das stimmt. Ich würde mich tatsächlich jetzt auch nicht hundertprozentig von allem ausnehmen, was solche Fehler betrifft. Nicht, weil ich nicht weiß, dass es Fehler sind, sondern weil es sich einfach so sehr in der Umgangssprache etabliert hat, dass es mittlerweile irgendwie schon wieder dazugehört. Das ist ja wie der Ausdruck, „it makes sense“, „es macht Sinn“. Das steht ja mittlerweile auch im Duden. Das ist ja ein Ausdruck, der übernommen wurde. Einfach nur deshalb, weil die Leute es so viel benutzt haben und weil es einfach so ein fester Bestandteil der Sprache geworden ist. Es würde natürlich richtig heißen, „es ergibt Sinn“, aber wir haben das so aus dem Englischen einfach übernommen.

David:
Oder „es hat Sinn“. Genau.

Flemming:
Oder „es hat Sinn“, genau.

David:
Ja, das stimmt. Aber man hört ja mittlerweile größtenteils, würde ich sagen, „es macht Sinn“.

Flemming:
Ja, ja, genau. Ja.

David:
Genau, ja.

Flemming:
Okay, sehr gut. Interessanter Punkt.

David:
Haben wir noch Themen?

Flemming:
Ein bisschen was haben wir noch, aber ich würde sagen, wir versuchen, ein bisschen flotter hier abzuhandeln. Wichtig wäre mir noch zu sagen, das Thema Überlastung. Das habe ich jetzt so als Punkt aufgeschrieben, weil ich oft auch bei meinen Coaching-Teilnehmern merke, die versuchen wirklich alles, und das ist gut und lobenswert, um möglichst schnell besser zu werden und sich weiterzuentwickeln. Aber es ist eben auch ganz entscheidend, wenn man merkt, dass man einfach zu viel macht, beziehungsweise dass man einfach irgendwann überfordert ist oder wie gesagt überlastet ist mit dem Sprachenlernen, dass man dann auch sich wirklich mal eine Auszeit gönnt, dass man dann auch dem Gehirn mal eine Pause gönnt. Und es ist ja auch ganz entscheidend, dass du wirklich diese Ruhephase hast. Es ist wie im Sport, wenn du dir diese Erholung nicht gönnst, dann kommst du irgendwann zum … Verdammt, jetzt fällt mir dieser Effekt nicht ein. Es gibt da aber ein Fachwort für.

David:
Du meinst zum Plateau, also dass man ein Plateau erfährt?

Flemming:
Ja, genau, und dass du dann von diesem Plateau aus nicht weiter nach oben kommst, sondern dass es eher zu einer Abwärtsbewegung führt sozusagen. Ja, also du solltest dir definitiv diese Pausen immer gönnen und nicht versuchen jetzt jeden Tag fünf Stunden Deutsch zu lernen. Es ist auch mal okay, einfach nur 20 Minuten sich aufs Bett zu legen und ein bisschen zu lesen in der Zielsprache und dann ist es auch mal gut für den Tag.

David:
Ja, dem kann ich nur zustimmen. Ich habe diese Erfahrung tatsächlich gemacht, und zwar beim Chinesisch lernen vor vielen Jahren. Ich wollte das unbedingt so schnell wie möglich lernen und ich hatte natürlich auch gehört, dass es unglaublich schwierig sei. Und dann habe ich tatsächlich um die drei Monate lang, glaube ich, drei Stunden mindestens Chinesisch täglich gelernt, hauptsächlich durchs Hören, also mit Podcasts, was ja Spaß gemacht hat. Aber ich habe es schon übertrieben, und danach hatte ich tatsächlich ein bisschen Burnout. Also ich konnte eine Zeit lang gar kein Chinesisch mehr hören. Ich habe mich dann aber mit den Zeichen auseinandergesetzt. Und es ist ja auch dank diesem intensiven Hören, dass mein Akzent so gut ist auf Chinesisch, aber es war trotzdem zu viel. Ich hätte das durchaus einfach ein bisschen in die Länge ziehen können, ein bisschen entspannter. Und ja, wie du schon gesagt hast, es ist ja löblich, dass die Leute das halt so intensiv machen wollen, aber man muss ja immer ein Gleichgewicht finden, das stimmt.

Flemming:
Ganz genau, ja. Ja, das ist dann auch, wie du gerade sagst, das Schlimmste, was eigentlich passieren kann. Wenn du dann merkst, du willst eigentlich gar nichts mehr mit der Sprache zu tun haben, dann bist du genau da angelangt, wo du nicht hin willst, wenn der Frust zu groß ist und dich alles nur nervt.

David:
Ja, ja.

Flemming:
Das gilt es unbedingt zu vermeiden.

David:
Definitiv, ja. Und vielleicht als letzter Punkt, versuchen, so viel Spaß wie möglich zu haben. Oder vielleicht hast du noch ein paar Punkte, aber das wollte ich ja nochmal hinterherwerfen. Also Hauptsache Spaß haben.

Flemming:
Genau, sehr gut. Das ist im Prinzip schon, das ist nicht direkt ein Fehler, aber man könnte es umdrehen und sagen, keinen Spaß zu haben beim Sprachenlernen wäre ein Fehler.

David:
Auf jeden Fall.

Flemming:
Wie schaffst du dir deinen Spaß beim Sprachenlernen, David?

David:
Indem ich mit Sachen, mit Inhalten lerne, die mich interessieren. Zum Beispiel, ich lerne zurzeit wieder Polnisch. Und zwar mit einem Buch von Luka Lampariello. Viele Leute wissen gar nicht, dass das Buch existiert. Aber er hat mit einem polnischen Polyglot und Gedächtnistrainer zusammen vor sieben, acht Jahren ein Buch geschrieben. Und das heißt „Jak uczyć się języków“, also wie man sich Fremdsprachen beibringt. Oder wie man Fremdsprachen erlernt, könnte man das vielleicht so übersetzen. Und zwar kommt das in einem Interviewformat, er wird von diesem Autoren interviewt und ich lerne damit Polnisch. Und dieses Thema ist natürlich für mich sowieso interessant. Das Thema Sprachenlernen, Fremdsprachen erlernen und da Luka, eine Person, die ich ja persönlich kenne. Und ich weiß, dass er sehr Wertvolles zu sagen hat. Das motiviert mich. Ich brauche mich gar nicht zu motivieren. Ich bin jeden Tag inspiriert oder motiviert, dieses Buch weiterzulesen und dadurch mein Polnisch zu verbessern.

Flemming:
Mega gut, genau. Also der Punkt Interesse, Spaß, das ist einfach so entscheidend. Das kann man nicht oft genug betonen.

David:
Das ist das A und O.

Flemming:
Genau, das A und O. Sehr cool, David. Ich glaube, damit sind wir auch am Ende. Das waren, ich denke mal, einige der wichtigsten oder einige der größten oder typischsten Fehler, sagen wir es mal so. Man könnte da noch sicherlich einige weitere nennen, aber ich denke, für diese Folge war es das oder reicht das auf jeden Fall aus. Also Leute, wenn ihr da noch ein paar Ergänzungen habt, dann schreibt auch gerne in die Kommentare bei YouTube beispielsweise oder schreibt David und mir persönlich bei Instagram. Das wäre natürlich auch eine Option. Wir können da gerne diskutieren. Geht da gerne mit uns in die Kommunikation. Und auch wir können immer noch was lernen.

David:
Auf jeden Fall. Man lernt nie aus.

Flemming:
Man lernt nie aus, genau.

David:
Auch nicht als Sprachcoach.

Flemming:
Ganz genau.

David:
Vor allem nicht als Sprachcoach.

Flemming:
Vor allem nicht, sehr schön. Cool, David. Hat mich wie immer sehr, sehr gefreut, hier mit dir zu plappern. Hat Spaß gemacht. Wir werden das definitiv, da bin ich mir ganz sicher, wiederholen, für die eine oder andere Folge. Und bis dahin, Dankeschön. Weiterhin alles Gute beim Coaching und wo auch immer. Und wir sehen uns dann hoffentlich ganz bald wieder.

David:
Ebenfalls. Vielen Dank, Flemming. Und macht’s gut, alle. Bis zum nächsten Mal.

Flemming:
Macht’s gut, Leute. Ciao.

David:
Ciao.

 

Willst du gleich weiterhören? Hier ein paar Vorschläge:

Hier findest du David:
https://www.youtube.com/channel/UCuCXMZxGHYZXl–U3qcMQhQ
https://www.instagram.com/linguathor_fluency/?hl=de

Interesse am Deutsch-Coaching? Schreib mir jetzt eine Mail an:

flemming@naturalfluentgerman.com 

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